Nein, Ihre Vermutung trifft nicht zu:
- Das Eindringen in einen Stall ohne die Gestattung des Besitzers ist Hausfriedensbruch. Das ist eine Straftat und verboten. Leider sind die Täter oft nicht zu ermitteln. Stallbesitzer sollten ihre Ställe deshalb ordnungsgemäß verschließen und mit einer Videoanlage überwachen.
- Auch die Aufnahme von Fotos und Videos ohne die Gestattung des Stallbesitzers ist rechtswidrig. Jede Person hat ein Recht am eigenen Bild und darf selbst entscheiden, ob von einem selbst oder seinem privaten Anwesen Fotos aufgenommen werden. Es ist sowohl die Aufnahme dieser Fotografien/Videos wie auch das Ausstrahlen ohne Gestattung des Stallbesitzers rechtswidrig. Der Stallbesitzer hat einen Unterlassungsanspruch.
- Eingeschränkt werden kann aber der Anspruch, die Veröffentlichung illegaler Videoaufnahmen zu unterlassen, durch entgegenstehende Rechte anderer Personen. Konkret geht es hier um die Presse- und Meinungsfreiheit. Bei der Beurteilung, ob illegale Videoaufnahmen unterlassen werden müssen, wägen die Gerichte die beiden Rechte gegeneinander ab.
Dabei galt bis April 2018, dass illegal erlangte Aufnahmen nur veröffentlicht werden durften, wenn diese schwere Straftaten dokumentieren, an denen die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse hatte. Mit einem Urteil vom 10. April 2018 (Az. IV ZR 396/18) hat der Bundesgerichtshof dieses Prinzip aber deutlich gelockert. Nunmehr dürfen auch illegal getätigte Aufnahmen gezeigt werden, die keine Straftaten veröffentlichen, aber die Öffentlichkeit aus anderen Gründen ein erhebliches Interesse daran hat, beispielsweise wegen einer bedeutenden gesellschaftlichen Diskussion.
Ob der Stallbesitzer das Hinweisschild „Videos aus illegalen Stalleinbrüchen dürfen nicht veröffentlicht werden“ am Stall hängen hat, ist für diese Beurteilung irrelevant. Tierhalter sollten auf gute Tierhaltung im Stall achten und das Tierwohl fördern. Zum einen, damit Stalleinbrecher, die keinen „Skandal“ vorfinden, mit ihren Fotografien und Videoaufnahmen nichts anfangen können. Zum anderen, dass, wenn Bilder nur leichte Ordnungswidrigkeiten, nicht aber schwere Tierrechtsverstöße dokumentieren, der Tierhalter mit viel mehr Aussicht auf Erfolg die Unterlassung der Veröffentlichung durchsetzen kann. Denn in der Abwägung zwischen öffentlichem Diskussionsinteresse und dem Recht am eigenen Bild spricht dann viel mehr für den Grundsatz, dass Bilder ohne Zustimmung des Rechteinhabers nicht veröffentlicht werden dürfen.
(Folge 48-2019)