Zunächst stellt sich die Frage, ob Sie den Überbau dulden müssen. Falls ja, haben Sie Anspruch auf eine Geldrente. Dazu heißt es in § 912 Abs. 1 BGB:
„Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.“
Ihr Nachbar hat den Carport bereits 1991 errichtet. Deshalb können Sie die Duldungspflicht nicht dadurch beseitigen, dass Sie dem Bau über die gemeinsame Grundstücksgrenze auf Ihr Grundstück widersprechen. Den Widerspruch hätten Sie sofort nach der Grenzüberschreitung erheben müssen.
Aber auch ohne einen sofortigen Widerspruch besteht kein Duldungsrecht, wenn dem Überbauer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen wäre.
Nach der Rechtsprechung liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Überbauer oder sein Architekt den Grenzverlauf vor der Errichtung des Überbaus nicht zuverlässig ermittelt hat oder dem Ausführenden den Grenzverlauf nicht genau angegeben hat und auf Beachtung der Einhaltung nicht achtete. Diese Frage können wir von hier aus nicht beantworten.
Kann der Nachbar darlegen und beweisen, dass ihm nur „leichte“ Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, dann können Sie nicht mehr die Beseitigung des Überbaus und die Herausgabe der überbauten Fläche verlangen.
Sind Sie zur Duldung des Überbaus verpflichtet, dann ordnet § 912 Abs. 2 BGB Folgendes an:
„Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.“
Grundlage für die Höhe der Rente und damit eines jährlich im Voraus zu zahlenden Betrages soll der Verkehrswert der überbauten Fläche einerseits und andererseits die durch den Überbau bewirkte Beeinträchtigung bei der Nutzung des nicht überbauten Grundstücksteiles zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung sein.
Streng genommen kann nur ein Sachverständiger den genauen Ausgleichsbetrag ermitteln, was erhebliche Kosten verursachen kann. Vielleicht könnten Sie mit dem Nachbarn eine jährliche fiktive Pacht aushandeln. Allerdings dürften eventuelle Rentenzahlungen ab dem Jahr 1991 überwiegend verjährt sein.
(Folge 47-2020)