Bei Kalkstickstoff handelt es sich um eine Verbindung aus Kalk, Kohlenstoff und Stickstoff, die auch unter der Bezeichnung „Calcium-Cyanamid“ bekannt ist. Kalkstickstoff enthält 19,8 % Stickstoff, der im Ausgangsprodukt als Calcium-Cyanamid vorliegt. Erst über verschiedene Umsetzungsstufen (u. a. Harnstoff) entsteht der von Pflanzen aufnehmbare Ammonium-Stickstoff (NH4) und letztlich Nitrat-Stickstoff (NO3). Wird Kalkstickstoff auf Acker oder Grünland ausgebracht, wird über die Reaktion mit Wasser das stickstoffhaltige Cyanamid freigesetzt. Cyanamid hat insbesondere gegenüber zweikeimblättrigen Pflanzen (Unkräuter), aber auch gegenüber typischen Weideparasiten wie Leberegel, Magen-, Darm- oder Lungenwürmer bzw. ihren Zwischenwirten eine toxische Wirkung.
Der Einsatz von Kalkstickstoff auf Weideflächen im Frühjahr ist erst zu Vegetationsbeginn empfehlenswert. Der Zeitpunkt der Forsythienblüte kann hier als phänologisches Merkmal herangezogen werden. Dieser Ausbringungszeitpunkt hängt mit dem Bekämpfungserfolg gegen Weideparasiten zusammen, die erst bei bestimmten Boden- bzw. Umgebungstemperaturen aktiv werden und erst dann abgetötet werden können.
Die sogenannte Cyanamid-Phase bei der Umsetzung der Kalkstickstoffs, in der eine toxische bzw. ätzende Wirkung gegenüber zweikeimblättrigen Kräutern (Löwenzahn, Vogelmiere, Ehrenpreis), aber auch gegenüber keimenden Gräsern gegeben ist, hält meist über mehrere Tage an. Die Umsetzungsgeschwindigkeit hängt von Bodenfeuchtigkeit, -temperatur, -aktivität, Humusgehalt und auch der ausgebrachten Düngermenge ab.
Die Ausbringung von Kalkstickstoff und die Nachsaaten auf Weideflächen sollten daher unbedingt zeitlich voneinander getrennt sein. Das heißt: zuerst die Ausbringung von Kalkstickstoff im Frühjahr zur Forsythienblüte. Bei einer Ausbringmenge von 300 bis 400 kg/ha Kalkstickstoff sollten 10 bis 14 Tage Wartezeit eingehalten werden, bevor Nachsaaten auf dem Grünland durchgeführt werden. Denn erst nach der Wartezeit ist die ätzend wirkende Cyanamidphase beendet, sodass keine keimhemmenden Wirkungen mehr gegeben sind. Als Faustzahl rechnet man je 100 kg/ha Kalkstickstoff eine Wartezeit von drei Tagen.
Handelsüblich sind Kalkstickstoffdünger überwiegend in gekörnter Form als sogenannter Perlkalkstickstoff (z. B. Perlka). Das Mischen von Kalkstickstoff mit ammoniumnitrathaltigen Düngern (z. B. Kalkammonsalpeter, Ammonsulfatsalpeter) sollte nach Herstellerangaben nicht durchgeführt werden. Hier kann es zu chemischen Reaktionen kommen, die zum Schmierigwerden der Mischung sowie zu Ammoniakverlusten führen können.