Wochenblatt-Leser Martin E. in D. fragt: Beim Spaziergang am Feldrand beobachte ich immer wieder Kartoffelkäfer. Allerdings sind die Flächen in diesem Jahr nicht mit Kartoffeln, sondern mit Mais bestellt. Resultieren die Käfer aus dem Vorjahr und wovon ernähren sie sich jetzt?
Insektenexperte Dr. Michael Klenner vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer NRW gibt Auskunft: Der Kartoffelkäfer Leptinotarsa decemlineata ist ein Vertreter der Blattkäfer (Chrysomelidae) und stammt, wie der angelsächsische Name Colorado beetle schon vermuten lässt, ursprünglich aus Nordamerika. 1922 wurden die ersten Tiere im westfranzösischen Bordeaux festgestellt. Seither hat sich der Käfer, ostwärts wandernd, in weiten Bereichen Kontinentaleuropas angesiedelt.
Er wird gut 10 mm lang und ist durch die strohgelben Flügeldecken mit je fünf schwarzen Längsstreifen eindeutig charakterisiert. Die Larve erreicht eine Länge von 15 mm, verfügt über einen dicken, hochgewölbten Hinterleib und ist von hell- bis dunkelroter Färbung.
Nachtschattengewächse als Futterpflanze
Sowohl der Kartoffelkäfer als auch seine Larve schädigen durch Blattrand- und Lochfraß. Sie bevorzugen die Kartoffel als Futterpflanze, kommen jedoch auch an anderen Nachtschattengewächsen (Solanaceae) vor, wie dem Bittersüßen und dem Schwarzen Nachtschatten, der Tollkirsche, Auberginen sowie einigen Tomaten- und Tabaksorten.
In Mitteleuropa eine Generation
In unseren Breiten können nur die Käfer überwintern. Im Frühjahr, etwa zur Zeit der Löwenzahnblüte, verlassen sie ihr Winterquartier, beginnen einen Reifungsfraß und etwa zwei Wochen später legen die Weibchen ihre Eier in Gelegen von rund 10 bis 30 Stück auf den Blattunterseiten ab. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven durchlaufen vier Larvalstadien, bevor sie sich nach etwa vier Wochen im Boden verpuppen. Die Entwicklung vom Ei bis zum Käfer benötigt in Mitteleuropa in Abhängigkeit von der Temperatur 1,5 bis 2 Monate.
Die Jungkäfer verlassen dann im Sommer (Juli/August) den Boden, fliegen umher und gelangen so zu neuen Futterquellen. Dann begibt sich der Großteil dieser Generation in den Boden, wo sie in einer Tiefe von etwa 20 bis 30 cm ihr Winterquartier einrichten. Diese Tiere erscheinen dann im nächsten Frühjahr und eine neue Generation wird begründet.
In klimatisch bevorzugten Gegenden und bei warmen Herbsttemperaturen kann sich gelegentlich auch ein Teil der Käfer noch im Schlupfjahr fortpflanzen. Die so gebildete zweite Generation geht jedoch bei einbrechendem Winter zumeist zugrunde.
Noch Kartoffeln im Boden als Nahrung?
Sie beobachten die Tiere jetzt, demgemäß dürfte es sich um Vertreter der jungen Generation handeln, die sich aus den in diesem Frühjahr abgelegten Eiern entwickelten. Hieraus ergibt sich die Frage, wo die Elterngeneration im Frühjahr ihren Reifungsfraß vornehmen konnte.
Die Maispflanzen scheiden als Futterpflanze definitiv aus. Es könnte aber sein, dass auf der Maisfläche, die im Vorjahr mit Kartoffeln bestellt war, noch einige Kartoffeln im Boden verblieben waren. Diese beim Roden „übersehenen“ Kartoffeln hätten dann die Nahrungsgrundlage für die vorjährigen Käfer und die jungen Larven gebildet.
Suche nach Futterpflanzen
Es ist natürlich auch möglich, dass auf den Flächen andere Nachtschattengewächse als Futterpflanzen in größerer Zahl verfügbar waren. Die aktuell aktiven Käfer „wandern“, weil sie offenbar dort, wo sie geschlüpft sind, nichts zu fressen fanden. Sie sind auf der Suche nach Futterpflanzen und werden sich anschließend zum Überwintern in die Erde eingraben.
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(Folge 31-2022)