Solche Verletzungen wurden früher „baumchirurgisch“ behandelt. Dazu säuberte man die Wunden und entfernte abgestorbenes, faules Material bis aufs gesunde Holz. Nach heutigem Wissensstand ist davon abzuraten. Denn diese Behandlung vergrößert und vertieft die Wunden. Sie zerstört außerdem bereits vorhandene hilfreiche Abwehrreaktionen des Baumes. Inzwischen weiß man auch, dass es eher schädlich als nützlich ist, Baumwunden aufzufüllen, auszumauern oder mit Wundverschlussmitteln zu behandeln. All das behindert die baumeigenen Ausheilungsprozesse.
Schutzzonen gegen Pilzwachstum
Die Rosskastanie reagiert auf großflächige Verletzungen, wie auf dem Foto zu sehen, ausgesprochen empfindlich. Verletzungen über 5 cm Durchmesser sind problematisch, auch beim Astschnitt. Rosskastanienholz ist vergleichsweise weich. Nur die äußeren Jahrringe im wasserführenden Splintholz enthalten genügend lebende Zellen, um bei Verletzungen aktive Schutzzonen gegen das Pilzwachstum zu bilden. Tief reichende Verletzungen führen daher immer zu Holzfäulen. Diese dehnen sich allmählich bis ins Kernholz aus. Die Folgen sind Faulstellen und Höhlen.
Überwallung als Gegenreaktion
Da die innere Abwehr nicht funktioniert, versucht der Baum, die Wunde zu überwallen, also zu überwachsen. Dabei kommt der Rosskastanie ihr starkes Dickenwachstum zugute. Dies kann man an den Überwallungswülsten auf dem Foto erkennen. Sobald der Baum die Wunde verschlossen hat, wird das Wachstum der holzzersetzenden Pilze durch Sauerstoffmangel gestoppt. Pilzwachstum und Dickenwachstum des Baumes befinden sich also im Wettstreit. Je eher die Überwallung gelingt, desto kleiner ist die Schwachstelle.
Fazit: Sie unterstützen den Baum nicht, wenn Sie die Höhlung verfüllen oder verschließen. Davon rate ich ab. Sie können nur darauf warten, dass die Kastanie sich selbst hilft. Ihre Aufgabe dabei: Lassen Sie regelmäßig von einem Baumpfleger ermitteln, ob der Baum noch standsicher ist.
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