Wochenblatt-Leserin Martina R. in B. fragt: Verzögert sich eine Steuernachzahlung oder -erstattung um mehr als 15 Monate, werden Nachzahlungszinsen fällig. Rückwirkend zum 1. Januar 2019 sollen die Zinsen auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr statt bisher 6 %) gesenkt werden. Was bedeutet das für mich als Steuerzahler? Bekomme ich auch weniger Zinsen auf Erstattungen vom Finanzamt und für welche Steuern gilt das?
Steuerberater Arno Ruffer, WLV, antwortet: Das Vorhaben bedarf noch der Zustimmung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates. Die Regelung muss spätestens bis Juli 2022 nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes in Kraft treten. Der Zinssatz soll für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) gesenkt und damit an die verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst werden. Der neue Zinssatz orientiert sich am aktuellen Basiszinssatz von derzeit –0,88 % jährlich. Die Angemessenheit des Zinssatzes wird dann künftig alle drei Jahre neu überprüft werden.
1,8 statt 6 % jährlich
Praktisch bedeutet dies, dass beispielsweise nach einer Betriebsprüfung eine höhere Steuerfestsetzung auch für die Vorjahre für Verzinsungszeiträume nach dem 31. Dezember 2018 nur zu einer Verzinsung von 1,8 % jährlich führt und nicht wie bisher von 6 % jährlich. Der neue Zinssatz gilt auch für noch nicht bestandskräftig festgesetzte Erstattungszinsen.
Bei den Zinsfestsetzungen wird es einen umfassenden Vertrauensschutz geben. Dabei soll diese Regelung bei einem offenen „Mischfall“ (mehrere offene Zinsfestsetzungen mit abwechselnd Nachzahlungs- und Erstattungszinsen) auf das Gesamtergebnis der rückwirkend ab 2019 nach neuem Recht berechneten Zinsen angewendet werden. Auf Grundlage des alten Zinssatzes vorläufig festgesetzte Erstattungszinsen müssten dann nicht anteilig zurückgezahlt werden. In Mischfällen würde aber eine Saldierung der Auswirkungen des neuen Zinssatzes auf Nachzahlungs- und Erstattungszinsen bis maximal „Null“ erfolgen.
Die Regelung erstreckt sich ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände wie auf Stundung-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen bzw. auf Säumniszuschläge. Auch bei der nachträglichen Auflösung des Investitionsabzugsbetrages (IAB) bleibt es bei einer sechsprozentigen Verzinsung.
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(Folge 20-2022)