Wochenblatt-Leser Peter A. fragt: Unsere Jagdgenossenschaft war bis jetzt von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Künftig müssen wir 19 % Umsatzsteuer abführen. In unserem Dorf gibt es nur eine Jagdgenossenschaft mit einer Jagdfläche von 2200 ha. Ist es möglich, eine zweite zu gründen, um unter die Kleinunternehmergrenze von 22.000 €/Jahr zu kommen?
Jürgen Reh, Rechtsanwalt, VJE, antwortet: Grundsätzlich ist die Teilung einer Jagdgenossenschaft unbedenklich, wenn dafür außersteuerliche Gründe sprechen. Diese sind allerdings bei den uns bisher benannten Fallgestaltungen kaum nachzuvollziehen. Von einer gesetzeswidrigen steuerschädlichen Gestaltung wird man wohl ausgehen müssen, wenn die Aufteilung nur formal „auf dem Papier“ erfolgt und zum Beispiel der bisherige Vorstand in Personalunion auch Vorstand der neuen kleineren Jagdgenossenschaften wäre. Nur wenn sich keine Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft oder einen Gestaltungsmissbrauch ergeben, ist eine solche Aufteilung der Tätigkeit steuerlich anzuerkennen.
Anwendung der Kleinunternehmerregelung
Käme es zur Aufteilung der bisherigen Jagdgenossenschaft auf mehrere kleinere Jagdgenossenschaften und nähme das Finanzamt eine missbräuchliche Gestaltung an, ist laut Bundesfinanzhof die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu versagen. Sie soll nur denjenigen Unternehmen zugutekommen, die auch tatsächlich in geringem Umfang wirtschaftlich tätig sind. Mit der planmäßigen Aufspaltung und künstlichen Verlagerung der Umsätze auf mehrere Jagdgenossenschaften mit dem Ziel, so die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten, würde der Vereinfachungszweck des § 19 UStG verfehlt und die Kleinunternehmerregelung voraussichtlich als missbräuchlich durch das Finanzamt bewertet.
Eine Jagdgenossenschaft sollte dieses Risiko nicht eingehen. Selbst wenn die Untere Jagdbehörde (UJB) der Teilung zustimmt, besteht das Risiko, dass später das Finanzamt doch die Umsatzsteuer verlangt und diese dann laut Pachtvertrag nicht vom Pächter verlangt werden kann. Abgesehen davon: Warum sollte ein Jagdvorstand ernsthaft eine solche Gestaltung mittragen, die unter Umständen mal daraufhin überprüft wird, ob in strafrechtlicher Hinsicht bewusst der Gestaltungspielraum zulasten der öffentlichen Hand überschritten wurde?
Teilung muss genehmigt und bekannt gegeben werden
Wer es dennoch riskieren will, muss beachten, dass für jede neue Genossenschaft ein neues Ehrenamt gefunden werden muss. Eine Genossenschaftsversammlung ist zudem mit dem TOP „Teilung der Jagdgenossenschaft“ anzusetzen. Es müsste weiterhin beschlossen werden, welche Genossenschaft für welche Rechtsbeziehungen Rechtsnachfolgerin wird. Die Teilung müsste dann durch die UJB genehmigt und die Teilung müsste bekannt gegeben werden.
Die neu entstehenden Genossenschaften müssten über die Gemeinde als Notvorstand ihrerseits neue Versammlungen einberufen, eine Satzung beschließen und diese wiederum bekannt geben. Zudem müssten Wahlen stattfinden.
Die Teilung einer Jagdgenossenschaft führt in der Regel zu Gewinnern und Verlierern, da auf Dauer sich in den Jagdgenossenschaften die Pachtpreise unterschiedlich entwickeln werden. Ein Teil der Jagdgenossen wird folglich in Zukunft Nachteile durch die Teilung haben. Zudem werden Verwaltungsaufwand und -kosten steigen, da zum Beispiel jede einzelne Jagdgenossenschaft dann wieder öffentliche Bekanntgaben finanzieren und Versammlungen durchführen muss.
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(Folge 48-2022)