Ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) ist eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit. Danach darf der Wohnungsberechtigte – unter Ausschluss des Hauseigentümers – ein Gebäude oder einen Gebäudeteil als Wohnung nutzen.
Ein Nießbrauch (§ 1030 BGB) stellt ein weitergehendes Recht dar. Der Nießbraucher ist berechtigt, die Nutzungen aus einer Sache zu ziehen, insbesondere den Besitz auszuüben und Einnahmen zu erzielen. Er darf die Sache (etwa eine Wohnung) selbst bewohnen, er darf sie aber auch vermieten. Der wesentliche Unterschied ist also: Der Wohnungsberechtigte darf nicht vermieten, der Nießbraucher schon. Dies hat erhebliche Folgen für die Frage des Sozialhilferegresses.
Tritt der Pflegefall ein, hat der Pflegebedürftige zunächst selbst für die Kosten etwa des Pflegeheims aufzukommen. Dazu wird sein Einkommen und Vermögen verbraucht. Sollte das Wohnhaus weiter Ihnen gehören, müssten Sie es für die Pflegekosten in Anspruch nehmen, soweit Ihr Einkommen, etwa die Rente, nicht ausreicht.
Haben Sie das Haus auf Ihre Kinder unentgeltlich übertragen, kommt ein Widerruf der Schenkung in Betracht, sofern die Frist von zehn Jahren noch nicht verstrichen ist. In diesem Fall kann das Sozialamt die Schenkung widerrufen, das Haus notfalls auch verkaufen und mit dem Erlös die Pflegekosten bestreiten.
Wichtig: Die Zehnjahresfrist für den Widerruf der Schenkung beginnt jedoch nicht zu laufen, wenn Sie sich an dem Haus ein Nießbrauchrecht vorbehalten. Sollte im Pflegefall Ihr eigenes Einkommen nicht ausreichen, könnte das Sozialamt von Ihnen fordern, dass Sie das Haus verwerten, auch wenn die zehn Jahre seit der Schenkung verstrichen sind.
Nach derzeitiger Rechtsprechung gilt dies bei Vorbehalt eines Wohnungsrechts, welches nur den untergeordneten Teil eines Hauses umfasst, nicht. Ob die Rechtsprechung in Zukunft so bleibt, vermögen wir nicht zu sagen, derzeit ist es aber so. Aus diesem Grund spricht vieles dafür, dass Sie sich für das Wohnungsrecht und gegen den Nießbrauch entscheiden.
Sollten Sie mit den Kindern ein Nießbrauchrecht vereinbaren, wird das Sozialamt auch mögliche Mieteinnahmen aufgrund der frei gewordenen Wohnung bei Pflegeheimunterbringung als Einkommen zur Bestreitung der Pflegekosten heranziehen. Es wäre Ihnen durchaus zumutbar, die Wohnung, an der Sie ein Nießbrauchrecht haben, zu vermieten.
Anders sieht dies beim Wohnungsrecht aus. Hier ist entscheidend, was Sie mit dem Hauseigentümer vereinbaren. Soll das Wohnungsrecht nur Ihnen zur Verfügung stehen, nicht einem Dritten, kann das Sozialamt eine fiktive Miete für die frei gewordene Wohnung nicht ansetzen.
Ergänzung dazu aus Folge 16:
In der Antwort zur Frage „Nießbrauch oder Wohnrecht?“ in Folge 15 hatten wir darauf hingewiesen, dass im Falle der Pflegebedürftigkeit das Sozialamt eine Schenkung widerrufen kann. Dies ist allerdings gemäß § 529 Abs. 1 BGB nur möglich, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Schenkung und dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit noch keine zehn Jahre verstrichen sind. Nicht richtig ist der Hinweis, dass die Frist bei Vorbehalt eines Nießbrauchs nicht läuft, sondern nur bei Vorbehalt eines Wohnungsrechts.
Der Bundesgerichtshof hat durch Urteil vom 19. Juli 2011 (Az. X ZR 140/10) entschieden, dass die 10-Jahres-Frist auch anläuft, wenn sich der Schenker ein lebenslanges Nutzungsrecht vorbehält. Dies gilt sowohl für den Vorbehalt des Nießbrauchs als auch eines Wohnungsrechts. Diese Frage ist nunmehr höchstrichterlich geklärt.
Anders sieht es bei der Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen aus. Bei solchen erbrechtlichen Ansprüchen führt der Nießbrauchsvorbehalt dazu, dass die 10-Jahres-Frist nicht anläuft.