Wochenblatt-Leser Josef H. in K. fragt: Meine Bank schickte mir 56 Seiten AGB und Sonderbedingungen zu. Aus diesen 56 Seiten kann ich persönlich wenig herauslesen. Ich bin über 70 Jahre alt und langjähriger Kunde. Muss ich zustimmen, wenn ich das nicht verstehe? Was ist, wenn ich nicht zustimme?
Finanzexperte Prof. Dr. Hartmut Walz, Hochschule Ludwigshafen am Rhein, kann informieren: Warum wird eine Zustimmung eingefordert? Seit 2021 ist höchstrichterlich entschieden: Geldinstitute dürfen ihre Bedingungen und Preise nicht einfach einseitig ändern, sondern benötigen die Zustimmung ihrer Kunden. Das gilt für die Einführung von Gebühren ebenso wie für die Kürzung von Serviceleistungen usw. Ohne diese Veränderung der Rechtslage hätte Ihre Bank Ihnen einfach eine Mitteilung über die geänderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geschickt und Sie hätten diese wahrscheinlich ohne große Regung oder Gegenwehr einfach hingenommen.
Banken geben Negativzins weiter
Wahrscheinlich liegt der ganz konkrete Grund für die Änderung der AGB in folgendem Sachverhalt: In den vergangenen Monaten versuchten viele Geldinstitute angebliche Negativzinsen der Europäischen Zentralbank (auch Minuszinsen oder Strafzinsen genannt) an ihre Kunden weiterzugeben (vgl. Wochenblatt-Folge 43/2021) und forderten von diesen ab einem bestimmten Guthaben ein sogenanntes Verwahrentgelt. Für die Einführung dieses Verwahrentgelts war eine Änderung der AGB der Geldinstitute zwingend notwendig. Und damit eben seit der neuen Rechtslage eine explizite Kundenzustimmung.
Mittlerweile erhöhen bereits einige Geldinstitute die Guthaben-Freibeträge schon wieder. Durch die Erhöhung der Freibeträge hoffen sie, nun auch jene Kunden zur Unterschrift über die geänderten AGB inklusive Verwahrentgelt zu überzeugen, die dem bisher noch nicht zugestimmt hatten.
Was passiert, wenn Sie nicht unterschreiben?
Dann könnte es sein, dass Ihre Bank Ihnen einzelne Produkte wie das Girokonto oder sogar die gesamte Geschäftsbeziehung kündigt. Das ist mit einer gewissen Frist rechtlich durchaus möglich. Denn die Bank ist nicht dazu verpflichtet, mit Kunden eine Geschäftsbeziehung zu unterhalten. Genauso, wie Sie jederzeit Ihre Bank wechseln können. Der Abbruch der Geschäftsbeziehung ist hierbei keinesfalls eine leere Drohung. Vielmehr kann man in der Fachpresse nachlesen, dass einige Kreditinstitute tatsächlich die Geschäftsbeziehung zu Kunden wegen der fehlenden Zustimmung zu den geänderten AGB gekündigt haben.
Klärendes Gespräch mit der Bank
Klar ist: Wenn Sie etwas beim besten Willen nicht verstehen, sollten Sie dem nicht zustimmen. Im ersten Schritt könnten Sie genau dies Ihrer Bank mitteilen und um ein klärendes Gespräch bitten.
Eigentlich ist es üblich, dass das Kreditinstitut bei der Änderung von AGB kenntlich macht, was konkret in den vielen Seiten und Paragrafen sich ändern soll. Wenn das mehrere Dinge sind, gibt es dazu (meist) eine tabellarische Gegenüberstellung des alten und neuen AGB-Textes seitens des Institutes. Das wäre kundenfreundlich und ist weitgehend auch geübte Praxis.
Die psychologische Seite
Dass das Thema unerfreulich ist und Sie die Konfrontation mit 56 Seiten Juristendeutsch schreckt, ist völlig nachvollziehbar. Jedoch nützen negative Emotionen niemandem – und Ihnen am allerwenigsten. Hand auf’s Herz – sind Sie sicher, dass die „alten“ AGBs erheblich kürzer waren? Und dass diese besser verständlich waren? Oder könnte es vielleicht sein, dass Sie die bisher gültigen AGBs noch überhaupt nicht oder nur oberflächlich zur Kenntnis genommen haben? Und auch frühere Veränderungen einfach nur abgelegt haben, da ja keine explizite Zustimmung erforderlich war?
Daher die Überlegung, ob es für Sie an dieser Stelle wirklich hilfreich ist, eine Konfrontation mit der Bank einzugehen. Oder ob es das kleinere Übel ist, die AGBs zu akzeptieren, nachdem man Ihnen im Gespräch erläutert hat, welche der Veränderungen für Sie überhaupt relevant werden können. Denn eine kluge Entscheidung bezieht immer die Alternativen mit ein.
Bankenwechsel sinnvoll?
Und die Alternative könnte in einem Bankwechsel münden, wobei die neue Bank ganz selbstverständlich auch Ihre Unterschrift unter deren AGBs verlangen wird. Ob diese kundenfreundlicher ausfallen werden, wage ich zu bezweifeln.
Lesen Sie mehr:
(Folge 24-2022)