Wochenblatt-Leser Andreas S. in K. steht kurz vor dem Ruhestand und überlegt, ob er das Geld aus einer zur Auszahlung anstehenden Lebensversicherung in besonders dividendenstarke Aktien – also beispielsweise einen Dividenden-ETF – investieren soll, um durch die Ausschüttungen ein möglichst hohes Zusatzeinkommen zu erzielen.
Finanzexperte Prof. Dr. Hartmut Walz von der Hochschule Ludwigshafen am Rhein informiert: Eine gute Entscheidung: Zunächst einmal ein dickes Kompliment für Ihre Umsicht und die offenbar bereits getroffene Entscheidung, die Auszahlung aus der Lebensversicherung nun selbst zu verwalten und nicht etwa die kleine Sofortrente der Gesellschaft zu akzeptieren. Und mit einem ausschüttenden Aktienfonds – am besten einem preiswerten ETF – haben Sie in der aktuellen Nullzinswelt bei gleichzeitiger Inflation ebenfalls gut entschieden. Aktien sind Sachwerte, die im Gegensatz zu allen Anlagen im Geldvermögen mittel- bis langfristig einen hohen Inflationsschutz bieten.
Abstand von Dividenden-ETFs
Abraten möchte ich Ihnen jedoch vom Erwerb von sogenannten Dividenden-ETFs.
Erstens: Dividenden-ETFs berechnen meist höhere laufende Kosten (TER), als ansonsten vergleichbare oder sogar bessere ETFs.
Zweitens: Dividenden-ETFs investieren oftmals in besonders viele nicht nachhaltige Unternehmen, wie zum Beispiel CO2-intensive Kohle- und Erdöl-Aktien. Diese nehmen naturgemäß besonders hohe Ausschüttungen vor. Ihre Zukunft ist jedoch angesichts des Klimawandels höheren Risiken ausgesetzt.
Gesamtrendite entscheidend
Drittens kommt es für Sie nicht auf die Ausschüttungsrendite, sondern die Gesamtrendite (Fachausdruck Performance) Ihrer Anlage an. Unternehmen, die vergleichsweise viel von ihrem Gewinn an die Aktionäre ausschütten, weisen regelmäßig ein geringeres Wachstum und damit auch geringere Kursgewinne auf, als solche, die zwar heute weniger ausschütten, dafür aber mehr in ihre eigene Zukunft investieren. Die letztgenannten Unternehmen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur stärker wachsen, sondern auch künftige Dividendensteigerungen leisten können.
Kurzum: Es lohnt sich nicht, dass Sie sich auf die dividendenstarken Unternehmen konzentrieren und zum Beispiel für einen Dividendenfonds zum einen höhere Gebühren zahlen und zum anderen eine geringere Risikostreuung in Kauf nehmen.
Auf breit streuenden ETFs setzen
Vielmehr empfehle ich Ihnen, einen preiswerten und möglichst breit streuenden „ganz normalen“ ETF auszuwählen, der zum Beispiel einen Weltindex inklusive der Schwellenländer abbildet. Das ist beispielsweise der Index FTSE all World oder der MSCI all Country World. Bitte nicht mit dem viel engeren MSCI World verwechseln, der nur die Aktien der etablierten Industrieländer enthält.
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(Folge 27-2022)