Die Antwort ist ein ganz klares Ja. Ich selbst handle schon mehr als 30 Jahre nach dem Ansatz des prognosefreien Anlegens und kann es Ihnen nur empfehlen.
Prognosen funktionieren nämlich nur bei sehr einfachen Dingen und recht kurzfristig. Je komplexer die Zusammenhänge und je länger die Zeiträume, desto eher reagiert der Zufall – denken Sie nur an langfristige Wettervorhersagen. Wenn ich eine Porzellantasse aus 2 m auf Steinboden fallen lasse, ist die Prognose einfach, dass diese zersplittern wird. Wie groß die Bruchstücke sein werden, in wie viele Teile die Tasse zerbirst und wie weit und in welche Richtungen die Teile fliegen, ist jedoch schon nicht mehr vorhersagbar.
Die Entwicklung von Volkswirtschaften und ihren Finanzmärkten (Inflationsrate, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit, Wechselkurs …) ist so komplex und hängt von so vielen Faktoren ab, dass nichts und niemand ihre Entwicklung vorhersehen kann. Unter Experten ist dies seit vielen Jahrzehnten völlig unumstritten – spätestens seit einem Experiment von 1973 des US-amerikanischen Wissenschaftlers Burton Malkiel, der für die Prognose von Aktienkursen Affen gegen Fondsmanager antreten ließ. Die mit ein paar Bananen bei Laune gehaltenen Affen durften mit Dartpfeilen auf Kurslisten von Aktiengesellschaften werfen, die getroffenen Werte wurden zur Anlage ausgewählt. Die Fondsmanager wählten ebenfalls. Dazu recherchierten sie aufwendig eine Menge Daten, analysierten, rechneten und prognostizierten schließlich Kursentwicklungen.
Sie ahnen es: Die Affen gewannen – wieder und wieder. Heute würde kein Fondsmanager mehr freiwillig an diesem Experiment teilnehmen. Denn die Fachleute wissen: Niemand und nichts kann die Entwicklung der Märkte vorhersagen. Warum haben die Affen gewonnen, obwohl sie natürlich auch nicht prognostizieren können? Ganz einfach, weil Dartpfeile und ein paar Bananen viel billiger sind als Fondsmanager, die ein Agio, jährliche Gebühren, viele weitere Transaktionskosten usw. verursachen, die sich schnell zu 3 % oder mehr Renditeschmälerung pro Jahr addieren können.
Die Empfehlung für Sie lautet also einfach:
- Suchen Sie nicht mit Mühe und Kosten die Nadel im Heuhaufen, sondern kaufen Sie einfach möglichst preiswert den ganzen Heuhaufen – die Nadel wird schon drin sein.
- Prognostizieren und spekulieren Sie nicht! Und geben Sie auch sogenannten „Experten“ kein Geld dafür, dass diese das stellvertretend für Sie tun. Legen Sie lieber prognosefrei und breit gestreut an.
- Handeln Sie nach der Tausendfüßler-Strategie und investieren Sie ohne jegliche Prognose über alle wichtigen Anlageklassen hinweg. Also insbesondere Grundvermögen/Immobilien, Aktien, Bargeld und Bankeinlagen im Rahmen der gesetzlichen Sicherung, Gold/Edelmetalle. Innerhalb der Anlageklassen streuen Sie wieder, so verteilen Sie zum Beispiel Ihre Aktienanlage auf möglichst viele verschiedene Einzeltitel anstatt alles auf einen oder wenige Expertentipps zu setzen.
- Diese Vorgehensweise funktioniert nicht nur für Gutbetuchte, sondern auch für Kleinanleger. Mit passiven Indexfonds und den börsengehandelten ETFs (Exchange Traded Fonds) können Sie auch mit kleinem Geldbeutel preisgünstig Anteile an Heuhaufen erwerben. Einmalig oder im Rahmen von ETF-Sparplänen ab einem Mindestbetrag von meist 50 € monatlich oder vierteljährlich.
- Machen Sie es also wie die Experten und Profs. Verzichten Sie auf Prognosen, die dann doch nur zu 50 % funktionieren und dabei noch Geld, Mühe und Nerven kosten. Denn nichts ist sicher außer der Unsicherheit.
Wenn Sie nun immer noch enttäuscht sind, dass ich Ihnen keine Prognose liefere, erhalten Sie zum Abschluss doch noch eine Aussage über die zukünftige Entwicklung von Aktienpreisen, Inflationsraten und Währungskursen: Sie werden schwanken!
(Folge 44-2020)