Wochenblatt-Leserin Johanna P. in B. fragt: Die jüngsten Kursverluste taten mir bzw. meinem Aktien-ETF-Depot ganz schön weh. Nun habe ich davon gehört, dass man sich gegen Kursverluste absichern kann. (Wie) Soll ich das tun?
Rat weiß Prof. Dr. Hartmut Walz von der Hochschule Ludwigshafen am Rhein: Eine Absicherung gegenüber Kursverlusten von im Preis schwankenden Anlagen gibt es für mehrere Anlageklassen. Die wichtigsten Beispiele sind Währungen, Anleihen, Rohstoffe, (Edel)-Metalle wie Gold und Silber. Auch für Einzelaktien oder Aktien-ETFs gibt es Absicherungsinstrumente. Dadurch bleibt Ihr Portfolio/Ihre gesamte Reserve erheblich ruhiger, da sich Gewinne und Verluste zwischen den Einzelpositionen ausgleichen – soweit die Theorie.
Es gibt drei Möglichkeiten, die in vielen Anlagemedien insbesondere nach Krisen oder Crashs als Problemlöser schrill beworben werden. Ich rate Ihnen als private Anlegerin jedoch klar davon ab.
Aktien absichern?
Zur Erläuterung: Die ersten beiden Möglichkeiten bestehen im Erwerb von „inversen“ Anlagen, also Zertifikaten oder ETFs, deren Wertentwicklung sich gerade gegensätzlich zu Ihren bisherigen „normalen“ ETFs verhält. Diese Produkte mit inverser Wertentwicklung werden auch als „short“-Produkte bezeichnet. Wenn Ihr bisheriger Aktien-ETF einen bestimmten Verlust macht und Ihre short-Gegenposition dafür einen ebenso hohen Gewinn, dann wäre Ihr Depot insgesamt wieder ausgeglichen. Das Problem ist, dass Sie mit dieser Art der Gegensicherung auch Ihre Chancen vernichtet haben. Denn sobald Ihr bisheriger Aktien-ETF im Wert steigt, wird diese durch die gegenläufige Sicherungsposition gerade wieder „kaputt gemacht“. Wenn Sie Ihr Depot also vollständig sichern, könnten Sie alternativ auch gleich das Geld zinsfrei auf Konten herumliegen lassen. Und wenn Sie es nur teilweise, zum Beispiel zur Hälfte, sichern, entspräche dies der einfacheren und billigeren Variante, eben Ihre Reserven nur zur Hälfte in Aktien-ETFs anzulegen und die andere Hälfte als zinslose Liquiditätsreserve zu halten. Zu der Erkenntnis „Außer Spesen nichts gewesen“ kommen dann ggfs. noch zusätzliche Risiken – zumindest wenn Sie zur Gegensicherung Zertifikate einsetzen.
Die dritte Möglichkeit wäre der Erwerb von Verkaufsoptionen auf Ihre Aktien-ETFs. Diese steigen im Wert, wenn Ihr Aktien-ETF sinkt, und bieten damit den gewünschten Schadenersatz. Würden Ihre ETFs jedoch im Kurs steigen, müssen Sie die Optionen nicht ausüben, sondern können diese verfallen lassen. Auch hier gibt es einen Haken. Die Verkaufsoptionen sind sehr teuer und laufen nur über eine begrenzte Zeit, sodass sich die Kosten für diese Garantie im Zeitablauf verbrauchen. Tritt der Kursverlust nicht oder nur in geringem Umfang ein, so hat sich der Erwerb nicht gelohnt.
Langfristig zu teuer
Die Absicherung funktioniert zwar, ist aber einfach langfristig zu teuer. Damit eine kurzfristige Absicherung für Sie sinnvoll ist, müssten Sie schon im Voraus die Zeiträume kennen, in denen sich die kurzfristige Absicherung lohnt – also die Zukunft mit hoher Treffsicherheit vorhersehen. Aber wenn Sie das können, also zum Beispiel die Finanzkrise 2008, die Corona-Krise und den Ukraine-Krieg zeitlich korrekt vorhergesehen haben, dann benötigen Sie ja gar keine Kursabsicherung, da Sie einfach rechtzeitig verkaufen.
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(Folge 16-2022)