Wochenblatt-Leser Michael A. in H. fragt: Das Finanzamt stufte meinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb als „Stückländerei“ ein. Aufteilung: Grundsteuer A (Betrieb) und Grundsteuer B (zwei Wohnhäuser). Ist die Einstufung „Stückländerei“ korrekt, da die Pachtverträge unter 15 Jahre laufen? Wird der Hof dadurch bei einer Betriebsübergabe erbschafts- und schenkungssteuerlich höher bewertet?
Arno Ruffer, Steuerberater, WLV, nimmt Stellung: Die Veranlagung mit Grundsteuer A (Betrieb) und Grundsteuer B (Betriebsleiter- und Altenteilerhaus) ist nicht zu beanstanden. Auch die Einordnung als Stückländerei ist meines Erachtens korrekt. Es handelt sich um sogenannte unechte Stückländerei.
Unechte und echte Stückländerei
Nach der Einheitsbewertung 1964 sind Stückländereien einzelne land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, bei denen die Wirtschaftsgebäude oder die Betriebsmittel oder beide Arten von Wirtschaftsgütern nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören. Die Größe der Flächen spielt keine Rolle.
Mit der Abschaffung der Einheitsbewertung zum 1. Januar 2025 gibt es unterschiedliche Bewertungsgrundlagen, so zum Beispiel für die Grundsteuer einerseits und bei der Hofübergabe andererseits. Bei der Hofübergabe ordnet die Finanzverwaltung die unechte Stückländerei dem begünstigungsfähigen Vermögen zu; dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Flächen im steuerlichen Betriebs- oder Privatvermögen befinden bzw. aktiv bewirtschaftet oder verpachtet sind.
Echte Stückländerei steuerlich nicht begünstigt
Allein schädlich wäre eine sogenannte echte Stückländerei, wenn die Flächen zum Übergabezeitpunkt für einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren verpachtet sind. Es kommt nicht auf die vertragliche Pachtdauer an, sondern auf die Pachtzeit, die ab dem Bewertungsstichtag bis zum Vertragsende verbleibt. „Echte“ Stückländereien gehören nicht zum begünstigten Vermögen.
In Ihrem Fall ist von einer „unechten“ Stückländerei auszugehen. Das sieht das höchste deutsche Steuergericht – der Bundesfinanzhof – anders. In einem Urteil vom 16. November 2022, Az. II R 39/20, versteht das Gericht die Begünstigung bei der lebzeitigen Hofübergabe bzw. im Erbgang tätigkeitsbezogen. Das heißt, nur aktiv bewirtschaftete Betriebe bzw. bei Betriebsverpachtung im Ganzen soll es sich im bewertungsrechtlichen Sinne um einen begünstigten Betrieb der Land- und Forstwirtschaft handeln.
Gerichtliche Klärung gefordert
Die Konsequenzen aus dem Urteil sind für die Praxis nicht absehbar. Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert bereits Klarstellung durch den Gesetzgeber. Dem Vernehmen nach wendet die Finanzverwaltung das Urteil über den Einzelfall hinaus nicht an.
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(Folge 19-2023)