Interview

Die Funktion des Schenkens

Weihnachten ohne Geschenke? Das wünschen sich manche, es funktioniert aber kaum. Dafür gibt es gute Gründe, sagt die Volkskundlerin Christiane Cantauw. Ein Gespräch über weihnachtliche Rituale.

Die Heiligen Drei Könige brachten dem Jesuskind Gold, Weihrauch und Myrrhe. Dabei waren sie vermutlich nicht ohne Hintergedanken.

Davon kann man ausgehen. Da machen sich drei Könige aus ­einem weit entfernten Land auf den Weg, um einem Kind sehr teure Geschenke zu bringen. Sie glauben, dass dieses Kind politisch ­eine Rolle spielen wird. Die Geschenke zeigen: Sie wünschen sich eine Verbindung – und vielleicht auch eine Gegenleistung.

Welche Funktion haben Geschenke?

Im Grunde kann man Geschenke als sozialen Kitt bezeichnen – zumal dann, wenn es Gegenleistungen gibt. Ich bringe symbolisch zum Ausdruck, dass ich mit jemandem verbunden sein möchte. Es gibt aber auch andere Konstellationen: Wenn die Herrschaft ­früher dem Dienstmädchen eine Schürze schenkte, dann machte sie dadurch klar, wer gesellschaftlich oben und wer unten war.

Wie ist Weihnachten zu einem Fest geworden, an dem vor allem Kinder beschenkt werden?

Im 19. Jahrhundert hat sich die bürgerliche Kleinfamilie he­rausgebildet. Und diese Familien haben einige Rituale des Adels übernommen. Dazu gehörte an Weihnachten das Beschenken der Diener und der Kinder.

Was hat man sich damals zu Weihnachten geschenkt?

Quellen aus adeligem Milieu und der sehr dünnen bürgerlichen Oberschicht berichten häufig von geschlechtsspezifischem Spielzeug. Die Jungen bekamen Spielzeugsoldaten, kleine Säbel und Helme, die Mädchen Puppen, Puppenkleider oder kleine Kochherde. Dienstboten bekamen von der...