Wer kennt es nicht: Das lang ersehnte Geschenk lag endlich unterm Weihnachtsbaum – einen Monat später liegt es bereits achtlos in der Ecke. „Manche Dinge muss man nicht unbedingt selbst besitzen“, sagt Sigrid Högemann, Leiterin der Stadtbibliothek Greven, Kreis Steinfurt. „Bei uns kann man verschiedene Dinge erst einmal vier Wochen leihen und schauen, ob man sie wirklich braucht.“ Neben Büchern können die Mitglieder der Bibliothek seit September 2021 auch Musikinstrumente, Gesellschaftsspiele, Haushaltsgeräte und vieles mehr mit nach Hause nehmen – und das ohne Zusatzgebühr.
Zugang für alle
Die Nutzung der „Bibliothek der Dinge“ ist in der Gebühr für den Bibliotheksausweis enthalten. Erwachsene zahlen aktuell 20 € pro Jahr. So soll das Angebot einer möglichst breiten Masse zur Verfügung stehen.
„Neben dem Ziel der Teilhabe steckte vor allem der Wunsch nach Nachhaltigkeit hinter dem Projekt“, erklärt Högemann. Oftmals leihen sich die Besucher Dinge aus, die sie nur zu besonderen Anlässen oder Aktionen benötigen: So kommt ein Beamer auf einer Hochzeit zum Einsatz, ein Spannungsmesser hilft beim Neueinzug in eine Wohnung oder ein 10-l-Kaffeespender sorgt für eine entspannte Erstkommunion. Einer der Dauerbrenner: die Nähmaschine. „Oft leihen Menschen die Maschine, die selbst schon eine zu Hause haben, nun aber einer zweiten Person das Nähen beibringen wollen“, erzählt Högemann. Das Genähte bekommen sie und die anderen Mitarbeitenden in der Stadtbibliothek manches Mal präsentiert.
„Dinge“ für 4000 €
Den Start des Projekts förderten die Stadt Greven und das Land NRW. So konnten für 4000 € verschiedene Dinge angeschafft werden. „Wir haben in der Bibliothek und online Menschen befragt, was sie gern ausleihen würden“, sagt Högemann. Das Ergebnis waren viele nutzwertige Dinge – aber auch der Spiel- und Spaßbereich ist nicht zu kurz gekommen: Zu den meist entliehenen Sachen zählt die Virtual-Reality-Brille. Durch diese können Nutzer mit 360°-Sicht in virtuelle Welten eintauchen. Anders als bei allen anderen Gegenständen, ist die Leihfrist auf zwei Wochen beschränkt. Außerdem dürfen nur Personen über 18 Jahren die Brille borgen.
„Unsere Zielgruppe sind Familien“, sagt Högemann. „Allerdings hatten wir noch nie zuvor ein Projekt, das so viele unterschiedliche Menschen genutzt haben.“
Wunsch-Leih-Liste
Ein Teil des Erfolgsgeheimnisses könnten die Wunschlisten sein, auf denen Mitglieder anregen können, was sie gerne ausleihen möchten. Der neueste angeschaffte Wunsch: eine Wildtierkamera.
Mittlerweile gehören zur Bibliothek über 150 Dinge. 60 bis 70 % sind durchschnittlich entliehen. Wer etwas zu einem speziellen Datum leihen möchte, kann den Gegenstand online vorbestellen und prüfen, ob dieser verfügbar ist. „Das System funktioniert genau so unkompliziert wie bei den Büchern“, erzählt die Bibliotheksleiterin.In den allermeisten Fällen kommen die Gegenstände wohlbehalten zurück, die Mitglieder gehen pfleglich mit den Dingen um.
Vielerorts gibt es mittlerweile Bibliotheken der Dinge – sie tragen manchmal nur andere Namen. So zum Beispiel die „Gedönsothek“ in Emsdetten oder der Leih-Laden in Bochum. Sigrid Högemann ist überzeugt: „Die Idee passt einfach in diese Zeit.“
Lesen Sie mehr: