Beim Duschen, Wäschewaschen, Kochen oder putzen – täglich verbrauchen wir Wasser. Durchschnittlich sind das pro Tag und Person etwa 128 l, so das Statistische Bundesamt (2019.) Dies ist das Wasser, was wir real und direkt nutzen. Doch in Wirklichkeit verbrauchen wir weit mehr.
Indirekter Wasserverbrauch
Denn versteckt in Lebensmitteln, Bekleidung und anderen Konsumgütern steckt noch jede Menge mehr Wasser. Dieses wurde für die Herstellung der Produkte oder für eine Dienstleistung verwendet. Experten bezeichnen die Menge Wasser, die entlang der gesamten Produktionskette anfällt, etwa beim Anbau, bei der Weiterverarbeitung, bei der Lagerung, beim Transport oder der Beseitigung von Abfällen, als virtuelles Wasser. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, woher das Wasser stammt (wir berichteten).
Deutschland deckt den aktuellen Wasserbrauch laut Umweltbundesamt nur etwa zur Hälfte aus eignen Ressourcen und führt die andere Hälfte in Form von virtuellem Wasser ein. Problematisch ist das, weil ein großer Teil des importierten Wassers aus Regionen stammt, in denen Wasser knapp ist. Durch den Konsum dieser Güter sind wir Teil der globalen Problematik. Hinzu kommt, dass sich der Wasserbedarf durch die stetig steigende Weltbevölkerung vergrößern wird. Was ist also zu tun?
Verbraucher haben die Möglichkeit, durch ihr Konsum- und Einkaufsverhalten Einfluss auf ihren indirekten bzw. virtuellen Wasserfußabdruck zu nehmen. Etwa, indem sie ein Produkt mit großem Wasserfußabdruck wie beispielsweise Kaffee durch ein anderes mit geringerem wie Tee ersetzen bzw. auf Produkte aus Ländern bzw. Regionen zurückgreifen, in denen die Produktion die Süßwasservorkommen nicht belasten. Dazu braucht es Kenntnis darüber, wie viel virtuelles Wasser überhaupt in Lebensmitteln und anderen Produkten steckt und woher das Wasser stammt.
Der niederländische Wissenschaftler Arjen Hoekstra und das von ihm gegründete Water Footprint Network (WFN) haben dazu eine Berechnungsgrundlage erarbeitet. Mithilfe dieser haben wir einmal den virtuellen Wasserverbrauch ausgerechnet, den eine Person an einem Tag durch den Verzehr von Lebensmitteln verursacht (siehe Tabelle).
In dem Beispiel hinterlässt die Person einen virtuellen globalen Wasserfußabdruck von rund 5282 l. Im Einzelnen müsste die virtuelle Wassermenge, die als Berechnungsgrundlage aus der wissenschaftlichen Modellrechnung veranschlagt wird, diskutiert werden, denn sie gibt eine globale Durchschnittsmenge an. Die Zahlen geben dennoch einen Anhaltspunkt. Danach sind insbesondere Rindfleisch, Wein, Kaffee und Kakao in Form von Schokolade global gesehen die indirekten Wassertreiber. Länderbezogen allerdings gibt es deutliche Unterschiede wie das Beispiel Rindfleisch zeigt.
Wasserfußabdruck von Rindfleisch
Global wird für 1 kg Rindfleisch laut WFN ein durchschnittlich gewichteter virtueller Wasserverbrauch von rund 15 400 l veranschlagt. Eine enorme Menge. Schaut man jedoch auf den virtuellen Wasserfußabdruck der einzelnen Herkunftsländer, ist die Spannweite zwischen ihnen sehr groß, wie der Blick in das Standardwerk „Der grüne, blaue und graue Wasserfußabdruck von Nutztieren und tierischen Erzeugnissen“ von M.M. Mekonnen und A.Y. Hoekstra zeigt.
In China beispielsweise liegt der gewichtete Durchschnittswert für virtuell verwendetes Wasser bei 13 688 l/kg,
in den USA bei 14 191 l/kg,
in der Türkei bei 21 208 l/kg und
in Ägypten bei 18 500 l/kg.
Der für Tunesien liegt bei 52 580 l/kg.
Das in Deutschland produzierte Kilogramm Rindfleisch hinterlässt im gewichteten Durchschnitt einen virtuellen Wasserfußabdruck von 7713 l. Damit ist der Wert nur etwa halb so hoch wie der globale Wasserfußabdruck für Rindfleisch von rund 15 400 l/kg.
Nun importiert Deutschland kein Rindfleisch aus Tunesien, in dem große Wasserknappheit herrscht. Der Ländervergleich zeigt jedoch, wie unterschiedlich groß der virtuelle Wasserfußabdruck für Rindfleisch sein kann.
Wichtig: Die Wasserquelle des Fußabdrucks
Und noch eines ist bei der Bewertung des virtuellen Wasserfußabdrucks zu berücksichtigen. Es macht einen Unterschied, aus welcher Quelle das verwendete virtuelle Wasser stammt.
Annähernd 94 % des virtuellen Wassers für die Produktion von Rindfleisch stammt aus Niederschlagswasser und natürlicher Bodenfeuchte (grünes Wasser). Das meiste Wasser davon schlägt als Regenwasser etwa für den Anbau von Futterpflanzen zu Buche. Pflanzen nehmen Wasser auf und geben es über die Blätter als gefiltertes Wasser wieder an die Atmosphäre zurück. Ein derartiger Wasserkreislauf reduziert so die Süßwasservorkommen nicht.
Nur etwa 4 % des globalen Wasserfußabdrucks werden für die Rindfleischproduktion aus Grund- und Oberflächenwasser (blaues Wasser) geschöpft, die dem Gewässer nicht mehr zurückgeführt werden. Und etwa 3 % werden dem grauen Wasser zugeschrieben, das das Süßwasser durch Schadstoffe belastet. Auf das in Deutschland produzierte Kilogramm Rindfleisch bezogen entfallen im gewichteten Durchschnittswert 6675 l grünes Wasser an, 138 l blaues und 900 l graues Wasser.
Produktionsform beeinflusst Wasserfußabdruck
Aber auch die Produktionsweise hat Einfluss auf den virtuellen Wasserfußabdruck eines Produktes. Beim Rindfleisch hängt dieser stark davon ab, ob das Fleisch aus Weidehaltung, Intensivmast oder einer gemischten Haltungsform stammt. Auch hier gibt es länderbezogen große Unterschiede.
Während der gewichtete Durchschnittswert für die Rindfleischproduktion beispielsweise in Ägypten bei 18 500 l/kg liegt, beträgt der virtuelle Wasserfußabdruck für Rindfleisch aus Weidehaltung in dem Land mit
57 423 l/kg mehr als das Dreifache. Die Intensivmast in dem nordafrikanischen Land benötigt nur etwa ein Viertel der Wassermenge. Ähnlich hoch liegt der Wert für die gemischte Haltungsform.
Auch hierzulande hinterlässt Rindfleisch aus der Weidehaltung mit 12 228 l/kg einen größeren virtuellen Wasserfußabdruck pro Kilogramm Rindfleisch als solches aus der Intensivmast mit 5990 l/kg bzw. 11027 l/kg aus gemischter Haltungsform. Lassen die Berechnungen nun den Schluss zu, dass Rindfleisch aus Intensivhaltung weniger Wasser verbraucht?
Futterquelle spielt Rolle für Wasserfußabdruck
Ja, dem ist nach der Berechnung von WFN so. Letztendlich spielt aber auch die Zusammensetzung und Herkunft des Futters eine Rolle, das die Tiere fressen. Rindfleisch aus industriellen Produktionssystemen hat aufgrund der effektiveren Futterverwertung im Allgemeinen einen geringeren Gesamtwasserfußabdruck als Rindfleisch aus Gemischt- oder Weidesystemen.
Industriell erzeugtes Rindfleisch hinterlässt allgemein aber größere Blau- und Grauwasser-Fußabdrücke als Rindfleisch aus Gemischt- oder Weidesystemen. Da Süßwasserprobleme hauptsächlich in Zusammenhang mit knappem Grund- und Oberflächenwasser sowie mit verschmutztem Wasser stehen, ist die Weidehaltung aus Sicht der Wasserressourcen laut Autoren des WFN industriellen Produktionssystemen vorzuziehen.
Welche Konsequenzen können Verbraucher nun daraus ziehen? Lebensmittel mit einem großen virtuellen Wasserfußabdruck gänzlich vom Speiseplan zu streichen, dürfte eine für viele völlig unrealistische Konsequenz sein. Aber Produktionsart und -ort könnten beim Kauf eine entscheidende Rolle spielen. Das gilt auch für Obst und Gemüse sowie Produkten daraus.
Ein Wein aus Frankreich bzw. Italien beispielsweise hat einen virtuellen Wasserfußabdruck von 90 l pro 125 ml. Ein Wein aus einer Region in Spanien, in der Wasserknappheit herrscht, hinterlässt mit 195 l pro Glas einen virtuellen Wasserfußabdruck von mehr als dem Doppelten. Wer also genauere Kenntnis darüber hat, wo die Produkte wann produziert wurden und welche Auswirkungen der Kauf auf den virtuellen Wasserverbrauch in dem Land hat, der kann seinen Konsum anpassen und bewusst darüber entscheiden.
Fazit: Bewusster konsumieren
Leider stehen derartig detaillierte Daten nicht umfänglich zur Verfügung. Auch löst das Konsumverhalten hierzulande das Problem der Wasserknappheit in den produzierenden Ländern nicht. Dazu bräuchte es vor allem vor Ort entsprechende Lösungen, etwa durch verbesserte Produktionstechniken. Doch als kleines Rädchen im globalen Warenverkehr können Verbraucher im noch wasserreichen Deutschland durch bewusste Konsumentscheidung einen Beitrag dazu leisten, weltweite Wasserressourcen zu sparen und zu schonen.
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