Ein knappes Angebot führt zu hohen Milchpreisen - so war es 2022. „Wir bekamen knapp 60 Cent/kg Milch. Doch auch die Kosten sind explodiert“, fasste Karsten Schmal, Milchpräsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), auf dem Berliner Milchforum zusammen.
Seit Jahresbeginn sinken die Milchpreise allerdings. Das bereitet dem DBV-Vizepräsidenten Sorgen. „Wir haben die Hoffnung, dass wir den Boden bald erreicht haben und die Erzeugerpreise erneut steigen.“ Kopfzerbrechen bereiten ihm jedoch nicht die volatilen Märkte, sondern die politische Situation.
Peter Stahl, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes (MIV), brachte es auf den Punkt: „Politisch hat man den Eindruck, dass nicht jeder Hof zählt, sondern jedes Tier weniger.“
In der Hauptstadt diskutierten vergangene Woche rund 500 Branchenvertreter über Corona- und Kriegsfolgen, Kennzeichnung von Milchprodukten und (fehlende) politische Rahmenbedingungen für die Milch.
Hoffnung auf bessere Milchpreise im zweiten Halbjahr 2023
„Wir erlebten 2022 die höchste Inflation seit 70 Jahren. Die Energiekosten sind um 35 %, die Milchpreise um 47 % gestiegen“, erklärte Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin der Zentralen Milchmarktberichtserstattung (ZMB). Der durchschnittliche Milchpreis für konventionelle Milch lag bei 53,18 Cent/kg.
„So ist das Milchaufkommen preisbedingt im Herbst kurzfristig gestiegen und der Strukturwandel in der deutschen Milchviehhaltung hat sich im zweiten Halbjahr 2022 verlangsamt“, sagte Wohlfarth. Allerdings handelt es sich dabei nur um einen kurzen Mitnahmeeffekt. Das Allzeithoch im Milchaufkommen war 2020 in Deutschland und der EU. Denn die Expertin geht davon aus, dass Politik, Wetterlage sowie die Altersstruktur der Milchviehhalter zu rückläufigen Milchanlieferungen führt.
Hinzu kommt, dass die Milchpreise seit Jahresbeginn in Deutschland rasant fallen. „Die Reise geht in Richtung 40 Cent/kg“, prognostizierte Wohlfarth.
Weltmarkt: Weniger Milch
Sie warf zudem einen Blick auf den Weltmarkt. Auch dort rechnet sie mit weniger Milch:
- Die USA sind der drittgrößte Lieferant von Milchprodukten. Doch für 2023 wird weniger als 1 % Wachstum prognostiziert.
- In Neuseeland gibt es höhere Umweltauflagen und ab 2024 eine Methanbesteuerung für Milcherzeuger.
- Australien ist extrem vom Klimawandel gebeutelt.
Entscheidend ist China: Die Volksrepublik ist der größte Abnehmer von Milchprodukten am Weltmarkt. Die Milcherzeugung dort wächst stark und die Importe sind im vergangenen Jahr, außer bei Butter, zurückgegangen. Hinzu kommen erschwerte politische Verhandlungen mit dem Importriesen, erklärte Wohlfarth.
„Im Lebensmitteleinzelhandel sind die Preise für Milchprodukte immer noch höher denn je“, führte Wohlfarth aus. In Deutschland ist der Absatz von Käse im Schnitt höher als vor der Corona-Pandemie. Außerdem habe das Wachstum bei Biomilch sowie bei veganen Alternativen nachgelassen.
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