Vor 900 Jahren wurde Kaiser Friedrich I. (1122–1190) geboren. Als Barbarossa, zu Deutsch Rotbart, ging er in die Geschichtsbücher ein. Doch was hat einer der bekanntesten Köpfe des Mittelalters mit Schloss Cappenberg bei Selm im Kreis Unna zu schaffen? Dabei ist Kopf ein gutes Stichwort. Denn der berühmte Cappenberger Kopf, den Barbarossa den ehemaligen Herren von Cappenberg schenkte, lässt sich bis Ende Oktober im Schloss und dann im Landesmuseum in Münster bestaunen. Die vergoldete Bronzefigur ist Teil der Ausstellung „Barbarossa. Die Kunst der Herrschaft – Das Vermächtnis von Cappenberg“ und entführt die Gäste ins Hochmittelalter.
Ein Staufer auf dem Thron
Barbarossas Vater war Friedrich, der Herzog von Schwaben, seine Mutter Judith, eine Welfin. Irgendwo im Südwesten des Reiches, der Ort ist nicht genau bekannt, kam der spätere Herrscher zur Welt. Als Spross der Staufer wurde er 1152 zum König gewählt.
Sein Geburtsjahr 1122 war auch ein einschneidendes Jahr für die damalige Burg Cappenberg. Die Grafen Otto und Gottfried hatten ein Jahr zuvor mit dem vertriebenen Bischof Münster zurückerobert. Dabei plünderte ihre Schar Ritter die Stadt und legte den Dom in Schutt und Asche. Nun fürchteten die Brüder um ihr Seelenheil. Sie machten aus ihrer Burg ein Kloster und schworen allem weltlichen Besitz ab. Ihr süddeutsches Erbe überließen sie Barbarossas Vater und trugen zum Aufstieg der Familie bei.
Kostbare Taufschale
Barbarossas Vater machte Otto von Cappenberg daraufhin zum Taufpaten seines Sohnes. Die kostbare Taufschale, auf der der Graf bei der Taufe zu sehen ist, entdecken Gäste in der Ausstellung.
Begleitet wird die Schau von einem zehnminütigen Animationsfilm des LWL-Medienzentrums für Westfalen. Dabei stehen die Taten der Cappenberger Grafen am Anfang der Geschichte. Sie lösten einen Strudel von Ereignissen aus. Unter anderem wurde so der Münsteraner Bischof für etwa 700 Jahre zu einem der mächtigsten weltlichen Herrscher im heutigen Westfalen. Denn der Bischof erhielt die Ritter der Cappenberger Grafen.
Ein besonderer Kopf
Vermutlich 1156 bekam Otto den berühmten Cappenberger Kopf von seinem kaiserlichen Patenkind. Als Stiftsprobst vermachte er das Kunstwerk dem Kloster. Der Cappenberger Kopf steht sonst im Safe der katholischen Pfarrkirche des Schlosses. Sie ist eine der ältesten Kirchen Westfalens.
Gemeinsam mit der Taufschale des Kaisers bildet der Kopf das „Vermächtnis von Cappenberg“. Die 30 cm hohe Büste diente als Behältnis für die Reliquien Johannes des Evangelisten. Sie ist eines der berühmtesten Zeugnisse der romanischen Goldschmiedekunst. Lange wurde der abgebildete Bartträger für den Kaiser selbst gehalten. Doch Untersuchungen Ende 1970 widerlegten das. Wer abgebildet ist, bleibt bis heute offen.
Berühmter Machtkampf
Barbarossa selbst lenkte ab 1155 als Kaiser die Geschicke des Heiligen Römischen Reiches. Berühmt wurde sein Machtkampf mit seinem Vetter, Heinrich dem Löwen. Zunächst belehnte er den Welfen reich, später bannte er ihn. Auch versuchte Friedrich I. die Macht des Kaisers gegenüber dem Papst zu stärken. Das endete in mehr oder weniger erfolgreichen Feldzügen gegen norditalienische Städte. Der tiefgläubige Kunstförderer Barbarossa ertrank 1190 während des dritten Kreuzzugs in der heutigen Türkei.
Nationaler Mythos
Barbarossa ist der einzige deutsche Kaiser, dessen Grablege nicht geklärt ist. Das liefert Stoff für Legenden. Die Gebrüder Grimm notierten die Sage, dass er im thüringischen Kyffhäusergebirge liege. Dort schlafe der Kaiser angeblich und warte auf den Ruf, Deutschland zu einen. So entwickelte sich Barbarossa zur nationalen Leitfigur des 19. Jahrhunderts. Damalige Historiker stilisierten ihn zum letzten großen Vertreter des deutschen Machtgedankens. Missbraucht wurde sein Name von Hitler, der den Russlandfeldzug „Unternehmen Barbarossa“ nannte. Bis heute verklären Nationalisten den einstigen Kaiser. Dabei schaut die Ausstellung kritisch auf den späteren Umgang mit Rotbart. Gedichten des 19. und 20. Jahrhunderts zeigen, wie umstritten dieser besondere Kopf des Hochmittelalters bis heute gesehen wird.
"Barbarossa - Die Kunst der Herrschaft"
Die Ausstellung auf Schloss Cappenberg gilt als Vorspiel für eine größere Schau, die ab dem 28. Oktober im Landesmuseum in Münster zu sehen ist. Beide Ausstellungen laufen bis zum 5. Februar 2023. Im Zentrum der Ausstellung stehen auch der Cappenberger Kopf sowie die vergoldete Taufschale. Am 24. Oktober werden beide in das Landesmuseum wechseln.
Die Ausstellung versammelt in fünf Kapiteln rund 150 hochkarätige Exponate, darunter Handschriften, Reliquiare und Elfenbeinschnitzereien aus Paris, London und Kopenhagen. In Münster soll die historische Person Barbarossas und sein Wirken durch die Kunst des 12. Jahrhunderts zum Leben erweckt werden. Auf Schloss Cappenberg erweckt hingegen ein Mittelalterfest am 22. und 23. Oktober die damalige Zeit zum Leben. Die ganze Familie kann altes Handwerk entdecken sowie die Spuren der Ritter verfolgen.
Öffnungszeit im Schloss: dienstags bis sonntags 10 bis 17.30 Uhr.
Eintritt: Kombi-Ticket Barbarossa (Münster und Cappenberg) 15 €, ermäßigt 7,50 €, Personen bis einschließlich 17 Jahren frei; Ausstellung Barbarossa 6 €, ermäßigt 3 €.
Adresse: Schlossberg 1 b, 59379 Selm.
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