In der Halle der Firma Ueding hebt Constantin Weitkamp per Kran eine Schwelle aus Holz auf den Elementbautisch aus Metall. „Ich puzzle gerade“, lächelt der 17-Jährige und holt Pfosten und Streben. Die größeren Hölzer verzapft er, für die kleineren greift er zum Akkuschrauber. Dann verschraubt er sie mit OSB-Platten.
Gelegentlich geht er zum Bildschirm und orientiert sich an dem Konstruktionsplan. Nach gut einer Stunde hat er mit zwei Kollegen eine Wand für ein Haus im Holzrahmenbau fertig.
Diese Fertighäuser aus Holz sind ein wichtiges Standbein des Familienbetriebs aus Billerbeck. Dafür haben die Uedings 2015 eine extra Halle gebaut und von 15 auf über 60 Mitarbeiter aufgestockt. Seit Anfang des Jahres leiten die beiden Cousins Manuel und Sebastian Ueding den Betrieb ihrer Väter. Beide sind Zimmerer- und Dachdeckermeister.
Kopffest sein
Constantin ist im zweiten Ausbildungsjahr zum Zimmermann. Mit Holz gebaut hat er gefühlt schon immer. Zu Hause in Billerbeck halten seine Eltern 20 Pferde und ein paar Hühner. Als Schüler hat er schon Raufen für den Stall und Volieren für das Federvieh gebaut. Auch einen Hochsitz hat der Jäger selbst gezimmert. Daher sollte es nach der Realschule, „irgendetwas mit Holz sein“.
In der Nachbarschaft richtete die Firma Ueding einen Dachstuhl. Begeistert schaute er zu, wie die Zimmerer in mehreren Metern Höhe aus Balken und Sparren das Dach richteten. Er machte ein Praktikum. Danach war klar: „Ich werde Zimmermann!“
Zurzeit arbeitet er zur Hälfte in der Halle und zur Hälfte draußen auf dem Bau. Als angehender Zimmerer heißt das, vom ersten Tag an in der Höhe zu stehen. „Ich muss kopffest sein“, sagt er. Ein Begriff, der den Laien erstmal stutzig macht. So bezeichnen die Handwerker die Schwindelfreiheit. Denn Zimmerer balancieren auf Balken und Pfetten, dabei bepackt mit Werkzeug und Material. Manchmal brennt die Sonne, manchmal setzt Regen ein. Wer da nicht nach unten schauen kann, ist fehl am Platz.
„Zu Beginn war ich etwas wackelig, aber das legt sich“, erinnert sich der Billerbecker. Gemeinsam mit seinen Kollegen baut er Dächer für Hallen, Häuser und Ställe, aber auch Carports. Gelegentlich bessern sie Fachwerk aus.
Häuser aufstellen
Wenn alle Wände und Decken für ein Holzrahmenhaus fertig sind, geht es mit dem Lkw zum Bauplatz. Dort richtet die Kolonne in wenigen Tagen das komplette Haus auf. Räumliches Verständnis ist dabei wichtig. Constantin muss sich vor seinem geistigen Auge vorstellen können, wie Haus und Dach später aussehen. Natürlich helfen dabei heute moderne CAD-Programme zur Veranschaulichung.
Die Balken werden zwar mit Kränen gehoben, doch körperlich anstrengend ist der Alltag immer noch. Der Druckluftnagler wiegt fast 4 kg und selbst größere Sägen werden mit aufs Dach gewuchtet. „Daran musste ich mich nach der Schule erstmal gewöhnen. Im Handwerk ist man acht oder mehr Stunden auf den Beinen“, sagt Constantin.
„Viel angeben und anpacken“, beschreibt er das erste Ausbildungsjahr. Constantin durfte aber auch schon Windfedern, die Giebelbretter, selbst annageln.
„Es ist ein gutes Gefühl, Dächer zu sehen, an denen ich mitgearbeitet habe.“ Nach seiner Ausbildung will er zwei Jahre als Geselle arbeiten. „Dann könnte ich mir vorstellen, den Meister zu machen oder Bautechnik zu studieren“, blickt er in die Zukunft.
Zur Berufsschule fährt er nach Münster. Blockkurse hat er am Lehrbauhof in Münster. Dort lernen sie zum Beispiel alles rund um das Thema „Fachwerk“. Dabei merkt Constantin, wie viel Tradition in dem Handwerk steckt.
Experten fürs Dach
Zimmerer und Dachdecker sind beide Experten fürs Dach. Während der Zimmerer den Dachstuhl richtet, kümmert sich der Dachdecker darum, dass das Dach gedeckt ist. Soweit die Tradition. Der Zimmerer baut heute ganze Häuser aus Holz und der Dachdecker ist ein Fachmann rund um die Gebäudeabdichtung, verlegt aber auch Photovoltaik.
Voraussetzung für beide Ausbildungen sind mindestens der Hauptschulabschluss, gute Mathekenntnisse, körperliche Fitness sowie räumliches Vorstellungsvermögen und Schwindelfreiheit. Was den Verdienst angeht, sind beide Spitze: Beim Dachdecker liegt der Verdienst laut Tarif im ersten Ausbildungsjahr bei 780 €, im zweiten bei 940 € und im dritten bei 1200 € brutto.
Die Ausbildungsvergütung bei den Zimmerleuten in NRW schwankt etwas. Sie liegt im ersten Jahr zwischen 765 € und 920 €, im zweiten zwischen 980 € und 1230 € und im dritten zwischen 1190 € und 1495 € brutto. Bei der Firma Ueding verdienen beide Berufe in der Ausbildung das Gleiche.
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