Kommentar

Agrar Unternehmertage: Trotzdem einen Besuch wert!

Die Agrar Unternehmertage in Münster finden wieder statt. Warum ein Besuch trotz hoher Produktionskosten und unklaren Perspektiven lohnt, erklärt Chefredakteur Patrick Liste.

Nein, zum Investieren ist den wenigsten Tierhaltern aktuell zumute. Erzeugerpreise von 60 Cent/kg Milch, 5 €/kg Rindfleisch und mehr als 2 €/kg Schweinefleisch sind zwar gut. Doch einen Bauboom lösen sie nicht aus. Das liegt aber nur zum Teil an den drastisch gestiegenen Baukosten sowie hohen Produktionskosten insgesamt. Vor allem fehlt den Tierhaltern eine klare und verlässliche Perspektive zur Nutztierhaltung in Deutschland.

Die Berliner Ampelregierung lässt sie in dieser Frage an der langen Hand verhungern – und spielt genau wie zuvor die Große Koalition auf Zeit. Selbst Optimisten zweifeln inzwischen, ob Berlin überhaupt noch einen politischen Rahmen setzt – schließlich läuft der gewünschte Bestandsabbau ja auch ohne aktives Eingreifen. Allerdings brutal und ungeordnet, selbst vermeintliche Zukunftsbetriebe steigen aus.

Fachmesse trotz unklarer Perspektive? Ja!

„Warum soll ich da noch auf eine Fachmesse gehen?“, fragt sich mancher Tierhalter. Trotzdem dürften die Agrar Unternehmertage 2022 in der kommenden Woche einen Besuch wert sein. Das Datum ist zwar neu: Nach zwei Corona-bedingten Verschiebungen findet die Messe erstmals im September statt. Das Konzept ist aber bewährt: Die Regionalmesse in Münster ist Anziehungspunkt für die gesamte Branche in Westfalen-Lippe. Die Anfahrtswege sind relativ kurz, die Öffnungszeiten bis 22 Uhr lang. Die Mischung aus Information und Austausch macht das besondere Flair der Messe aus. Wobei in diesem Jahr besonders der Austausch im Fokus stehen dürfte:

  • Die bevorstehenden Herausforderungen für Landwirte sind gewaltig. Es gibt viele Sorgen, und noch mehr Fragen. Zwar haben Digitalformate einen Austausch während Corona ermöglicht. Doch nichts geht über ein persönliches Treffen und Gespräch. Das schweißt zusammen und gibt Kraft sowie Mut für die Zukunft.
  • Weniger Tiere heißt weniger Futter, weniger Impfungen und weniger Schlachtungen: Der vor- und nachgelagerte Bereich steht ebenfalls vor kolossalen Veränderungen. Die Kette muss künftig besser mit- als härter gegeneinander arbeiten. Das gelingt nur im Dialog.
  • Auch Entscheider aus Politik und Verwaltung sind Gäste auf der Messe. Sie sollten die Sorgen und Nöte der Branche hören – ungeschminkt, aber fair und respektvoll.

Die Agrar Unternehmertage sind auch immer Quelle für neue Ideen. Zum einen zeigen die Aussteller mit innovativer Technik oder klugen Konzepten, wie sich der Arbeitsalltag erleichtern lässt. Zum anderen können sich neue Geschäftsfelder auftun. Das gilt für alle, vor allem aber für Junglandwirtinnen und Junglandwirte. Denn trotz aller Herausforderungen eröffnet jede Krise auch neue Chancen – so abgedroschen es auch klingt. Der Agrar-Karrieretag am Donnerstag gibt jungen Menschen einen umfassenden Überblick über Jobs in der Agrarbranche.

Das Wochenblatt-Team freut sich nach der langen Messe-Abstinenz auf ein Wiedersehen an unse­rem Stand in Halle Mitte. Wir haben ein offenes Ohr für Sie. Und wir stellen Ihnen gerne auch unsere neuen Produkte Landbrief, waldnews.de und MATSCH! vor.

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