Die Arbeit ist kein Ponyhof

Gute Ausbildungsbetriebe in der Pferdebranche sind häufig über Jahre
im Voraus vergeben. Wie man es schafft, mit Erfahrung, Ehrgeiz und
Zuverlässigkeit trotzdem Fuß zu fassen, hat uns Carolin Witte erzählt.


Wochenblatt: Warum hast du dich für eine Ausbildung zur Pferdewirtin entschieden?

Carolin Witte: Schon seit ich 14 Jahre alt bin, arbeite ich in jeder freien Minuten auf Pferdebetrieben. Häufig hab ich einfach in der Nachbarschaft gefragt, ob ich helfen kann und auf die Frage gab es eigentlich immer ein Ja als Antwort.

Wochenblatt: Wann wurde aus einer Freizeitbeschäftigung ein Berufswunsch?

Carolin: Nach der Realschule und dem Fachabitur habe ich erst eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau angefangen. Aber das war einfach nichts für mich. Ich wollte raus – an der Luft arbeiten. Obwohl meinen Eltern ein sicherer Bürojob lieber gewesen wäre, habe ich mir einen Betrieb für die Ausbildung zur Pferdewirtin mit den Schwerpunkten Haltung und Service gesucht.

Pferdewirt
Voraussetzung: Es ist keine schulische oder berufliche Vorbildung vorgeschrieben.
Betriebe stellen überwiegend angehende Pferdewirte mit einem mittleren Bildungsabschluss ein.
Dauer: 3 Jahre
Ausbildungsentgelt: Im 1. Ausbildungsjahr 530 bis 603€, im 2. Ausbildungsjahr
574 bis 651€ und im 3. Ausbildungsjahr 630 bis 707€. Die Zahlen werden von der Agentur für Arbeit als Richtwerte genannt.
Tätigkeitsfelder: Pferdewirte mit dem Schwerpunkt Haltung und Service pflegen, versorgen und bewegen Pferde. Sie begleiten die Zucht von
Pferden und bewirtschaften Grünland für die Tiere.
www.berufenet.arbeitsagentur.de


Wochenblatt: War es einfach, einen Ausbildungsbetrieb zu finden?

Carolin: Nein, im Gegenteil. Es war wirklich schwierig. Die Vorzeigebetriebe sind häufig über Jahre im Voraus ausgebucht. Für mich war es besonders wichtig, dass die Pferde optimal versorgt und gehalten werden. Ich will in meiner Ausbildung nur Dinge lernen, die gut für die Tiere sind.Wie man es nicht macht, das will ich nicht lernen. Bis ich meinen jetzigen Ausbildungsbetrieb gefunden habe, musste ich 15-mal zur Probe arbeiten.

Wochenblatt: Gibt es Vorkenntnisse, die zwingend erforderlich sind?

Carolin: Die Ausbildung bezieht sich zwar zu einem großen Teil auf die Haltung und die Arbeit rund um das Pferd, es ist aber von Vorteil, wenn man vor Beginn der Ausbildung die Grundzüge des Reitens beherrscht. Darauf liegt zwar nicht der Schwerpunkt, aber so ist es einfacher, einen Betrieb zu finden. Genauso wichtig ist aber auch die körperlich Fitness. Ich sitze nur beim Essen oder beim Reiten. Den restlichen Tag sind wir hier alle immer auf den Beinen.

Wochenblatt: Wie verläuft ein gewöhnlicher Arbeitstag?

Carolin: Jeder Tag ist eigentlich anders. Klar gibt es Routinearbeiten, wie Füttern oder Pferde auf die Weide bringen. Aber eigentlich gibt es immer etwas Unvorhergesehenes. Besonders wichtig ist es in diesem Beruf, anfallende Arbeit
zu sehen. Wir arbeiten im Team zwar mit Aufgabenverteilung, aber es ist einfach wichtig, seine Augen offen zu halten. Es steht niemand hinter mir und sagt, was zu tun ist.

Wochenblatt: Ist es sinnvoll, auf dem Ausbildungsbetrieb zu wohnen?

Carolin: Ohne Familienanschluss und ein Zimmer auf dem Betrieb macht die Ausbildung für mich keinen Sinn. Wir besprechen alle wichtigen Dinge bei gemeinsamen Mahlzeiten. Undwenn wirklich mal was in der Nacht passiert, zum Beispiel ein Pferd an einer Kolik erkrankt, ist man ansonsten wahrscheinlich nicht rechtzeitig vor Ort. Der Nachteil ist natürlich, dass man jederzeit verfügbar ist. Ich habe Glück, in meinem Ausbildungsbetrieb gibt es geregelte Arbeitszeiten. Und wir sindausreichendviele Personen im Team, sodass wir die täglich anfallenden Arbeiten schaffen und meistens pünktlich in den Feierabend gehen können. Das ist aber leider nicht die Regel in diesem Beruf.

Wochenblatt: Wie stellst du dir deine Zukunft vor?

Carolin
: Ich möchte nach meiner Ausbildung den ehemaligen Milchviehbetrieb meiner Großeltern übernehmen und zu einem Pensionspferdestall umbauen.
Dort möchte ich alles Vorteilhafte umsetzten, das ich bisher auf den unterschiedlichen Betrieben gesehen habe. CS