Agrarlobbyismus

Zu eng verflochten?

Die ARD-Doku "Die Story" hat auf Basis einer vom NABU in Auftrag gegebenen Studie die Diskussion über das Beziehungsgeflecht zwischen Agrarwirtschaft, Agrarpolitik und dem Deutschem Bauernverband entfacht. Für CDU-Politikerin Gitta Connemann zielen die Vorwürfe ins Leere.

Nicht gelten lassen will die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, die Kritik vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) an einem „engen Beziehungsgeflecht“ zwischen Agrarwirtschaft, Agrarpolitik und Deutschem Bauernverband (DBV). Die CDU-Politikerin warf dem NABU vergangene Woche vor, er messe mit zweierlei Maß.

NABU nicht besser?

„Was er bei sich nicht hinterfragt, prangert er beim Bauernverband mit Vehemenz an“, erklärte Connemann und verwies auf den unlängst erfolgten Wechsel des bis­herigen NABU-Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen, Josef Tumbrinck, als Unterabteilungsleiter ins Bundesumweltministerium.

Keinesfalls anstößig ist für Connemann das Engagement von Parlamentariern in Interessenverbänden. „Seit wann schadet Kompetenz?“, so die Abgeordnete. Es sei doch gut, „wenn ein Abgeordneter weiß, worüber er spricht.“ Deshalb seien ja auch Gewerkschaftsvertreter im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Mediziner im Gesundheitsausschuss und Mitglieder vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Umweltausschuss. Connemann: „Wieso sollte gerade die Landwirtschaft da eine Ausnahme bilden müssen?“ Wäre das so, dürfte sich ihrer Auffassung nach kein Politiker mehr neben seinem Mandat engagieren.

Der NABU hatte zuvor eine von ihm in Auftrag gegebene Studie „Verflechtungen und Interessen des Deutschen Bauernverbandes“ des Instituts Arbeit und Wirtschaft (iaw) der Universität Bremen veröffentlicht. Laut Connemann steht jede Fraktion im Austausch mit Verbänden und Interessenvertretern. Die Union mache da keine Ausnahme: „Wir reden mit Agrarverbänden wie übrigens auch mit Gewerkschaften oder Kirchen.“ Die Abgeordneten erhielten auf diese Weise Hinweise aus der Praxis, bekämen mögliche Auswirkungen ihrer Entscheidungen vor Augen geführt und würden auch mit Forderungen konfrontiert. Daran sei grundsätzlich nichts Anrüchiges, denn, so Connemann, „am Ende entscheiden immer wir Abgeordnete allein.“ Ein Problem bestehe nur dann, wenn sich Abgeordnete von außen bestimmen ließen. „Das kann ich bei uns aber nicht erkennen“, betonte die Unionspolitikerin.

Klüngel oder Kompetenz?

Der DBV sei eng verwoben mit CDU/CSU und der Europäischen Volkspartei (EVP), heißt es in der NABU-Studie. Derzeit hätten 85 % der Unionsmitglieder im Bundestagsernährungsausschuss einen direkten Bezug zur Agrar- und Landwirtschaft. NABU-Präsident Olaf Tschimpke sieht darin eine wesentliche Ursache, „dass notwendige Reformen oft scheitern und sich Einzelinteressen der Agrarbranche gegenüber dem Gemeinwohl durchsetzen.“ Nach Auffassung Tschimpkes sollte der Einfluss der „Agrarlobby“ auf Gesetzgebungsprozesse künftig stark beschränkt werden. „Agrarpolitik muss dem Gemeinwohl dienen, nicht den Interessen weniger Großbetriebe und jenen, die an der hochintensiven Landwirtschaft mitverdienen, wie die Hersteller von Pestiziden“, so der NABU-Präsident. Er verwies zudem auf eine aktuelle Forsa-Umfrage unter deutschen Landwirten, derzufolge mehr als jeder Zweite von ihnen sich vom DBV schlecht vertreten fühle, zwei Drittel mit der derzeitigen EU-Agrarpolitik unzufrieden seien und sich 91 % der Landwirte mehr Förderung für eine tierfreundlichere Viehhaltung sowie 83 % für eine umweltfreundliche Produktion wünschten.