Werden PV-Anlagen "brandgefährlich"?



Unter Federführung des TÜV Rheinland und des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) haben Experten einen mehr als 300 Seiten umfassenden Leitfaden mit Empfehlungen zur Planung, Installation und den Betrieb von PV-Anlagen veröffentlicht. Auch für Rettungskräfte der Feuerwehr enthält der Leitfaden wichtige Hinweise.

Zuvor haben die Experten für die Jahre 2011 bis 2013 in Deutschland insgesamt 430 Fälle von Brand- bzw. Hitzeschäden in PV-Anlagen untersucht. Dabei wurden 210 Brandfälle ermittelt, die ohne Zweifel ursächlich auf die PV-Anlagen zurückgehen. Als häufigste Brandursache stellten die Experten Installationsfehler fest, gefolgt von Produkt- und Planungsmängeln. In 130 Fällen blieb der Schaden auf die Anlage begrenzt, in weiteren 80 Fällen war auch das Gebäude betroffen.

Das Brandrisiko ist extrem niedrig, aber…

Insgesamt sind 1,5 Millionen PV-Anlagen in Deutschland in Betrieb. Der Anteil der Brandfälle ist also extrem niedrig. Florian Reil, Geschäftsfeldleiter Solarenergie beim TÜV Rheinland und Projektleiter, betont: "Brandrisiken bei Solaranlagen sind gering, aber sie lassen sich leicht noch weiter reduzieren. Dazu können eine verbesserte Qualifizierung der Installateure, eine technische Abnahme und regelmäßige Überprüfung der Anlagen sowie technische Entwicklungen wie Detektoren für gefährliche Lichtbogen beitragen."

Die Experten rechnen in ihrem Abschlussbericht mit einem Anstieg der Brandgefahr in den nächsten Jahren, vor allem aufgrund der fortschreitenden Alterung der PV-Anlagen. Mit der Alterung der Materialien werde eine Gefährdung vor allem durch Isolationsfehler, Kontaktprobleme und Übergangswiderstände zunehmen.

Wechselrichter, auf Holzplatten installiert

Als Risikostellen bezeichnen die Fachleute "fehlerhaft ausgeführte oder vorzeitig gealterte Kontakte" im Modul, bei Steckverbindern, in Sammelkästen und in Wechselrichtern. Das könne langfristig zu einer Überhitzung führen, "die letztlich eine Verschmorung oder einen Lichtbogen verursachen kann", heißt es im Abschlussbericht.

Häufig fanden die Sachverständigen auch Wechselrichter vor, die auf oder über brennbarem Untergrund, etwa auf einer Holzplatte, installiert gewesen seien. Das könne sich ebenso verheerend auswirken wie die Nähe der Anlage zu normalentflammbaren Folienbahnen oder auch zu Holzbalken der Dachkonstruktion.

Risiken für die Rettungskräfte

Im Brandfall ergeben sich Risiken für die Feuerwehren oder andere Rettungskräfte. Der Bericht weist auf folgendes hin:

  • Fließender Strom: Auch nach Trennung der PV-Anlage vom Netzanschluss liege Spannung an, "solange Licht auf die Module fällt". Eine Rettungskraft müsse im Einsatzfall "trotz einer eventuell vorhandenen Abschalteinrichtung davon ausgehen, dass die Anlage nicht spannungsfrei ist", heißt es wörtlich in dem Dokument.
  • Beschädigte Leitungen: Seien Gleichstromleitungen beschädigt, stelle dies "eine hochgradige elektrische Gefährdung der Einsatzkräfte dar". Daher, so die Empfehlung des Berichtes, sei schon bei der Installation auf eine risikomindernde Leitungsführung bei PV-Anlagen zu beachten. Soweit wie möglich sollten die elektrischen Leitungen außerhalb des Gebäudes oder in brandgeschützten Kabelkanälen verlaufen.
  • Leitfähigkeit von Löschwasser: Bei Einhaltung der Mindestabstände – 5 m bei Vollstrahl, 1 m bei Sprühstrahl – trete "keine Gefährdung der Einsatzkraft durch gefährliche Ströme über den Löschwasserstrahl auf", heißt es in dem Bericht. Allerdings müssten zugelassene Strahlrohre sowie Löschwasser ohne Schaumzusätze verwandt werden, "da Schaumzusätze die Leitfähigkeit erhöhen".
  • Überflutete Kellerräume: Sie stellen, wenn in ihnen elektrische Anlagen wie etwa wechselrichter oder elektrische Speicher installiert sind, im Brand- oder Schadensfall eine Lebensgefahr dar.
  • Schadstoffbelastung: Beim Verbrennen einer PV-Anlage sei die Schadstoffbelastung etwa durch Blei, Cadmium oder andere Schwermetalle "nur in unmittelbarer Nähe zum Brandort und unter sehr ungünstigen Bedingungen" festzustellen. Brandrückstände hingegen könnten Schwermetallreste in grenzwertüberschreitender Menge enthalten, müssten also fachgerecht entsorgt werden.

Der TÜV Rheinland und das Fraunhofer-Institut haben das Forschungsprojekt seit 2011 durchgeführt. Weitere Partner des Projekts waren unter anderem die Branddirektion München, Energiebau Solarsysteme, die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), Currenta sowie die Fachhochschule in Bern/Schweiz. Gisbert Strotdrees/idw

Der Bericht kann hier kostenfrei geladen werden (308 Seiten, Dateigröße 12 MB):

www.pv-brandsicherheit.de




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