Vokabular für Tierhalter: Du bist, wie du sprichst

Nicht immer verfügt die Landwirtschaft über cleveres Vokabular. Dabei lässt sich das Image der Tierhalter mit gut gewählten Begriffen positiv verändern.

Ob in der Zeitung, im Hörfunk oder im Fernsehen – wenn über die Landwirtschaft berichtet wird fallen gerne einprägsame Schlagworte. Häufig sind dies in der Landwirtschaft geläufige Begriffe, die in der Öffentlichkeit jedoch negativ wahrgenommen werden. Besonders Gegner der Landwirtschaft und Tierrechtsorganisationen betreiben oftmals intensives „Wording“. Dabei werden bestimmte Bezeichnungen ganz bewusst als Kampfbegriffe eingesetzt. Durch die ständige Präsenz dieser Begriffe gehen die Wörter auch Landwirten selbst viel zu leicht über die Lippen, ohne dass sie darüber nachdenken, welche Assoziationen diese in der nicht landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft auslösen. Damit schädigen sie sich jedoch nicht nur selbst, sondern heizen die negative Stimmung noch mehr an.

Offen aber positiv erklären

Natürlich muss offen und ehrlich kommuniziert werden, statt zu beschönigen. Der Schriftsteller Max Frisch aber formulierte es so: „Man sollte dem Gegenüber die Wahr- heit wie einen Mantel hinhalten, in den er hineinschlüpfen kann, statt sie ihm wie einen nassen Lap- pen ins Gesicht zu schlagen“. Darüber lohnt es nachzudenken.

Im folgenden Beitrag, der in Zusammenarbeit mit dem Medientrainer Gerhardt Schmidt entstand, gibt es Anregungen, wie sich Geflügelhalter besser ausdrücken können und damit ein positiveres Bild ihrer selbst sowie ihrer Arbeit vermitteln.

Mast/mästen

Bei diesem Begriff denken viele sofort an Zwangsernährung wie zum Beispiel das Stopfen von Gänsen. Eingebürgert hat sich das Wort vermutlich, weil man die Bezeichnung Fressen vermeiden wollte. Selbst in der Jagd hat man eine feinere Sprache (äsen). Mästen ist in der Landwirtschaft jedoch nichts anderes als füttern, und nur dieser Begriff sollte benutzt werden.

Mäster

Der Weg vom Mäster zum Tierquäler ist in der Assoziation nicht weit. Auch dieser Begriff sollte sofort aus dem Vokabular gestrichen werden. Als Tierhalter wirkt man deutlich sympathischer, denn bei diesem Begriff schwingt die Sorge um das Wohlergehen der Tiere mit.

Massentierhaltung

Eine Masse an Tieren ist gesichtslos, das Tier ist nicht mehr als Individuum zu erkennen. Ab dem wievielten Tier aus einer Herde eine Masse wird, das definiert je- der anders. Von der für Landwirte entscheidenden Kostendegression mit zunehmender Tierzahl will kein Mensch etwas wissen. Dieser Konflikt wird nicht zu lösen sein. Dennoch sollte man nicht noch unnötig Öl ins Feuer gießen und diesen Begriff daher unbedingt vermeiden. Stattdessen besser von moderner Tierhaltung sprechen. Bitte beachten: Auch die Bezeich- nung „intensive Tierhaltung“ ver- mittelt eine große Menge an Tieren. Wer im Duden nachschlägt findet unter „intensive Landwirtschaft“ folgende Erklärung: „Auf hohe Erträge abzielend und des- halb mit hohem Einsatz an Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln o.ä.“.

Produktion

Mit diesem Begriff wird eine unmittelbare Nähe zur Industrie vermittelt. Besser ist es von der Erzeugung tierischer Lebensmittel oder Fleisch zu sprechen.

Verbraucher

Die Bezeichnung Verbraucher ist im Grunde eine Beleidigung. Etwas zu verbrauchen impliziert das rücksichtslose Benutzen von Dingen, bis nichts mehr davon übrig ist. Besser ist es einfach von Menschen zu sprechen, in besonderen Fällen auch gerne von Genießern.

Antibiotika

Bitte diesen Begriff unbedingt vermeiden. Auch wenn er in einer Frage verwendet wird, diesen nicht in der Antwort wiederholen. Das Tierwohl ernst zu nehmen be- deutet auch, im Bedarfsfall eine medizinische Versorgung zu gewährleisten.

Besatzdichte

Der Ausdruck Dichte vermittelt den Eindruck einen bedrohlichen Enge, besonders bei dem Vergleich pro Quadratmeter. Wer Enge empfindet fühlt sich unwohl und bedrängt. Besser ist es den zweiten Teil des Wortes zu streichen und nur den Begriff Besatz zu verwenden.

Schnabelkürzen

Nach dem Tierschutzgesetz ist das Kürzen des Schnabels eine Amputation, somit ein Eingriff am Tier. Wissenschaftlich korrekt müsste es daher Schnabelkürzen heißen. Hier sollte es aber das gute Recht der Landwirte sein, den negativ besetzten Begriff zu vermeiden und auf die Bezeichnung Schnabelbehandlung zurückzugreifen. Denn eine Behandlung wird von der Bevölkerung in einem deutlich positiveren Zusammenhang gesehen.

Plakative Vergleiche

Mit einfachen bildhaften Vergleichen können Sie dem Verbraucher Dimensionen besser veranschaulichen.

Zum Beispiel: In Deutschland leben 82 Mio. Menschen. Wenn jeder davon wenigstens einmal im Jahr einen Hähnchenschenkel essen möchte, müssen dafür 41 Mio. Hähnchen aufgezogen werden.

Oder: In Nordrhein-Westfalen leben 17,8 Mio. Menschen, die im Schnitt 212 Eier pro Jahr verbrauchen. Eine Henne legt im Jahr etwa 270 Eier. Fordert jemand die regionale Erzeugung und Haltung in Kleinbeständen von beispielsweise 1000 Tieren, wird schnell klar, wie viele Landwirte zusätzlich in die Eiererzeugung einsteigen müssten...bw