Tierschützer kaufen sich eine Professur

In Bielefeld, Köln und Bamberg kann ab Oktober 2016 "vegane Ernährung" studiert werden – mit Bachelor-Abschluss. Möglich machen das eine private Bielefelder "Fachhochschule des Mittelstands" und eine Berliner Tierschutzstiftung.

In Bielefeld, Köln und Bamberg kann ab Oktober 2016 "vegane Ernährung" studiert werden – mit Bachelor-Abschluss. Möglich machen das eine Bielefelder private "Fachhochschule des Mittelstands" (FHM) und eine Berliner Tierschutzstiftung.

In dem dreijährigen Studium "Vegan Food Management" geht es, wie die Nachrichtenagentur "Westfalen heute" mitteilt, neben der betriebswirtschaftlichen Kompetenz vor allem um fachbezogenes Wissen für das vegane Segment in der Lebensmittelindustrie von den soziokulturellen Hintergründen des Essens bis zur Ernährungslehre und Tierethik. Zudem lernen die Studierenden den Wertschöpfungsprozess von veganen Produkten sowie den Bereich der ethischen und nachhaltigen Unternehmensführung kennen.

An der Einrichtung der Professur waren neben Professoren der FHM vor allem zwei in Ostwestfalen bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens beteiligt:

  • Friedel Heuwinkel, gelernter Landwirt, langjähriger Bürgermeister in Schlangen (Kreis Lippe) und ehemaliger langjähriger Landrat in Lippe (CDU), der das FHM-nahe "Institut für Mittelstand" in Bielefeld leitet, sowie
  • Hans-Georg Kluge, Rechtsanwalt, ehemals Landrat im Kreis Herford (CDU) und Staatssekretär in Brandenburg sowie zweiter Vorsitzender der Berliner "Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz".

Die staatlich anerkannte, private "Fachhochschule des Mittelstandes" bildet nach eigenen Angaben an sieben Standorten derzeit 4000 Studierende aus. Die FHM wurde im Jahr 2000 in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen, Verbänden und öffentlichen Einrichtungen entwickelt und verfolgt das "Ziel der praxisnahen Qualifizierung von Fach- und Führungskräften mit betriebswirtschaftlichem Know-how". Die Studierenden entrichten je nach Studienort eine Studiengebühr von 525 bis 625 €/Monat.

Wie erlangt man "Vegan-Food-Kompetenz"?

Nach einer Übersicht, die dem Wochenblatt vorliegt, sieht der Studiengang einen Schwerpunkt in der Ausbildung der "Vegan-Food-Kompetenz" vor. Dazu zählen laut FH-Papier unter anderem

  • Soziologie des Essens,
  • Ernährungslehre, Ernährungsmedizin und Wirkung veganer Ernährung,
  • "Interpretation ernährungsmedizinischer Studien",
  • Tierethik und Tierschutz,
  • ethische Unternehmensführung,
  • Konsumentenverhalten der veganen Zielgruppe,
  • Beschaffungs- und Produktionsmanagement veganer Produkte,
  • "Corporate & Green Events",
  • Lebensmittel-, Verbraucher- und Markenrecht sowie Öffentlichkeitsarbeit/ PR.

Weitere Schwerpunkte sollen sich mit der Ausbildung persönlicher Kompetenzen und allgemeiner Wirtschaftskompetenz befassen, etwa durch Einführungen in Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre, Unternehmensführung sowie Marketing und Vertrieb. Vorgesehen sind überdies praktische Übungen bei der Umsetzung von "Vegan-Food-Projekten" und Unternehmensgründungen.

Dem Veganismus eine "akademische Heimat"

Nach Mitteilung der Mittelstands-Universität soll die Stiftungsprofessur "dem Veganismus nun eine akademische Heimat geben". Die Professur werde von der "Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz" finanziert. Auf die Frage, in welcher Höhe Gelder fließen, wollte ein Sprecher der FHM auf Nachfrage des Wochenblattes keine Auskunft geben.

Die Stiftung wurde nach eigenen Angaben 1983 von der Berlinerin Erna Graff gegründet, die sich "seit Ende des Zweiten Weltkrieges für das Tierwohl" eingesetzt habe. Es sei ihr "letztendliches Ziel", die Lage vieler leidender Tiere in Deutschland zu verbessern. Die Stiftung wolle "durch eine Werbung für eine vegane Ernährung die tierschutzfeindliche Massentierhaltung immer mehr zurückzudrängen".

In der Pressemitteilung der Bielefelder "FH Mittelstand" ist von Freiheit der Wissenschaft und Unabhängigkeit der Forschung nicht die Rede. Gisbert Strotdrees