Tierhaltung: Mehr Initiative wagen

Auf dem Bauerntag in Hannover empfiehlt der Agrarwissenschaftler Prof. Harald Grethe den Landwirten, die Nutztierhaltung mit mehr Eigeninitiative neu auszurichten und sich stärker dem Tierwohl zuzuwenden.

Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik vom Bundeslandwirtschaftsministerium, Prof. Harald Grethe, empfiehlt den Landwirten, die Tierhaltung mit mehr Eigeninitiative neu auszurichten. An einer stärkeren Hinwendung zu Tierwohlkriterien in der Nutztierhaltung führte kein Weg vorbei, sagte Grethe auf dem Bauerntag des Deutschen Bauernverbandes (DBV) in Hannover.

Sowohl gesellschaftlicher als auch wissenschaftlicher Druck forderten beispielsweise in der Schweinehaltung mehr Platz, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten und insbesondere den Verzicht auf nichtkurative Eingriffe am Tier ein.In Zukunft müsse zudem Tierwohl mehr am Tier und weniger am Haltungssystem ausgerichtet werden, zeigte sich der Berliner Agrarökonom überzeugt. Dies werde eine stärkere Ergebnismessung, so beispielsweise in Form von Schlachthofbefunden oder Tierwohlindizes mit sich bringen.

Nach Grethes Auffassung ist die Landwirtschaft gut beraten, Vorreiter zu sein und frühzeitig selbst die Standards zu setzen, nach denen Tierhaltung künftig ablaufen soll. Verpasse der Agrarsektor die Gelegenheit für einen selbst definierten und notwendigen Richtungswechsel, werde dieser von anderen vorgenommen, warnte der Wissenschaftler mit Blick auf jüngste Pläne des Bundesumweltministeriums zur langfristigen Einschränkung der deutschen Rinderproduktion.

Aktion "Tierwohl" ist ein großer Erfolg

Nach Angaben Grethes sind für den Umbau der deutschen Tierhaltung unter stärkerer Beachtung von Tierwohlkriterien bis zu 5 Mrd Euro pro Jahr erforderlich. Die aktuelle Vereinbarung zwischen Handel und Berufsstand, die Vergütung für tierwohlgerechter erzeugtes Schweinefleisch im Rahmen der Initiative Tierwohl auf 6,25 Cent/kg zu erhöhen, bezeichnete der Agrarwissenschaftler als „Riesenerfolg“, der dem Sektor allerdings nur etwa 100 Mio Euro einbringe.

Weitere Finanzierungsmöglichkeiten sieht der Agrarwissenschaftler vor allem in der Verlagerung öffentlicher Gelder von der Ersten in die Zweite Säule. Die Direktzahlungen der Ersten Säule seien in ihrer jetzigen Höhe auf Dauer ohnehin nicht zu halten. Deshalb empfiehlt der Agrarökonom, diese auch im Interesse des Berufsstandes teilweise in der Zweiten Säule zur Vergütung gesellschaftlich gewollter Leistungen in der Tierhaltung zu verwenden. AgE