Tiergerecht heißt nicht idyllisch


Gleich drei fachkundige Referenten diskutierten am Dienstagabend in Schwerte vor rund 400 Bäuerinnen und Bauern über die Tierhaltung: Der Ethiker Prof. Dr. Peter Kunzmann von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Dr. Lars Schrader vom Institut für Tierschtuz und Tierhaltung in Celle und der Benediktinerpater Rainald Rickert aus Meschede, der jahrzehntelang selbst als Praktiker Landwirtschaft betrieben hat. Ein Ergebnis von Vorträgen und Diskussion: Die Tierhaltung gerät zunehmend in Konflikt mit den moralischen Ansprüchen der Gesellschaft. Dieser Auseinandersetzung müssen sich die Bauern und ihre Familien stellen.

Realistisch bleiben

Professor Kunzmann warnte davor, die Forderungen nach einer artgerechten Tierhaltung – was immer das auch konkret heißen mag – einfach zu ignorieren. Wo sich konkret Möglichkeiten zur Verbesserung des Tierwohls, zur Minderung der Belastung von Tieren ergeben, sollten sie genutzt werden. Legitim ist seiner Überzeugung nach auch die Forderung, höhere Tierschutzstandards ökonomisch zu honorieren. Nicht begründet sei dagegen das Festhalten an Maßstäben einer Haus-Tier-Idylle. Die Kuscheltierperspektive lehnt Kunzmann ebenso ab wie die Forderungen radikaler Tierrechtler, die eine Angleichung des Tieres an den Menschen bzw. umgekehrt propagieren.

Herrscher mit Verantwortung

Auch Pater Reinald warnte vor einer Vermenschlichung der Nutz- oder Haustiere. Gerade die Heimtiere müssten in emotionaler Hinsicht oft als Partnerersatz herhalten, und so sei auch die Diskussion über die Tierhaltung von vornherein so gefühlsbeladen, dass eine sachliche Auseinandersetzung mit den Tierhaltern gar nicht mehr möglich ist.

Der Geistliche erinnerte daran, dass Tiere natürlich sterben müssen, an Altersschwäche, als Beute eines anderen Tieres, an einer Krankheit – oder eben als Schlachttier, um dem Menschen als Nahrung zu dienen. Ja, nicht einmal der Kannibalismus ist der Natur fremd und keinesfalls ein Phänomen allein der Intensivtierhaltung. Gleichwohl erinnerte Pater Reinald daran, dass die Rolle des Menschen als „Herrscher der Welt“, der sich die Natur unterwirft, unlösbar mit der Verantwortung ebendieser Schöpfung und Natur verknüpft ist.

Aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtete Dr. Lars Schrader das Thema Nutztierhaltung. Er zeigte auf, wie moderne Haltungsverfahren mit vergleichsweise einfachen Änderungen den natürlichen Bedürfnissen der Tiere angepasst werden können, beispielsweise über elastische Bodenbeläge für Schweinelaufgänge oder Beschäftigungs- und Wühlmaterial. ri

Den ausführlichen Bericht über den Kreisverbandstag finden Sie in Wochenblatt-Folge 11/2014 vom 12. März.