Plädoyer für lebendige Kirchen und Dörfer

Die Paderhalle in Paderborn war mit 750 Besuchern prall gefüllt. Knapp 100 Personen fanden sogar keinen Platz mehr und mussten draußen bleiben.

Am Dienstag hatte die Katholische Landvolkshochschule Hardehausen zum Tag des Landvolkes eingeladen. Das Thema der Kundgebung war „Lasst bloß die Kirche im Dorf!“.

Kirche mit Leben füllen

Erzbischof Hans-Josef Becker stellte fest, dass nachdem Kneipen und Geschäfte schon aus vielen kleinen Dörfern verschwunden sind, die Kirche oft der letzte Treffpunkt im Ort ist. Doch der demografische Wandel macht nach seiner Ansicht auch vor der Kirche nicht halt. Becker sieht die ländliche Bevölkerung ebenfalls in der Pflicht. „Ob die Kirche im Dorf bleibt, hängt davon ab, ob die Bewohner mit ehrenamtlicher Mitarbeit und der Teilnahme an kirchlichen Veranstaltungen das Leben in der Kirche halten“, stellte er klar. Becker ist überzeugt, dass sich die Kirche verändern wird. Er fordert die Gemeinden auf, auch neue und ungewohnte Konzepte umzusetzen.

Sarah Drude, Absolventin des Grundkurses an der Landvolkshochschule Hardehausen, beschrieb, dass viele Gemeinden zusammen gelegt werden und nicht in allen Kirchen noch jeden Sonntag ein Gottesdienst stattfindet. Gemeindemitglieder müssen ein paar Wochen warten, oder in den nächsten Ort fahren. „Das ist nicht mehr einladend, sondern anstrengend“, verdeutlichte Drude. Auch eingerostete Sichtweisen der Priester, in denen die Menschen ihr Leben nicht wieder finden, seien Grund für die Entfremdung von der Kirche.

Kein Auslaufmodell

Gerke Meyer zu Rahden, ebenfalls Absolvent des Grundkurses, wünschte sich von der Kirche mehr Solidarität mit den Landwirten. In den vergangenen Jahren erlebten einige Berufskollegen Pastore, die im Erntedankgottesdienst gegen Tierhaltung und Pflanzenschutzeinsatz hetzten, kritisierte der Junglandwirt.

Er sieht die Bauern eng mit Natur und Schöpfung verbunden. Die Natur zu zerstören bedeute für sie, sich ihre Lebensgrundlage zu entziehen. Bauern hätten noch ein Auge für die kleinen Wunder des Wachstums und der Geburt. „Von der Kirche wünsche ich mir, dass auch sie diese Wunder wahrnimmt, wertschätzt und beim Namen nennt“, forderte Meyer zu Rahden.

Dass wir die Kirche auch in der modernen Welt brauchen, erklärte sich Kabarettist und Diakon Willibert Pauels so: „Nichts bescheinigt die Existenz von Wasser mehr, als der Durst.“ Die Suche nach einem Sinn und der Gewissheit, dass die Seele mehr Wert ist als alles andere verdeutlicht ihm die Notwendigkeit von Religion.

Solidarität gefragt

Uwe Wischkony, Direktor der Landvolkshochschule Hardehausen, schrieb dem Land liebens- und schätzenswerte Eigenschaften, wie Überschaubarkeit, Solidarität, Naturverbundenheit und Ruhe zu. „Natürlich geht es auf dem Land nicht immer idyllisch zu. Auf die Herausforderungen haben wir mit unserer „Ländlichen Familienberatung“ eine Antwort.“

Auch Hans-Josef Becker wollte die negativen Folgen des demografischen Wandels nicht ausklammern. Weil in den ländlichen Gebieten künftig weniger Menschen leben, ist für ihn eins besonders wichtig: Solidarität. Christina Göhner