Phänomen Pilze

Infolge der langen Trockenheit sind Pilze in diesem Jahr vielerorts Mangelware. Erfahren Sie hier mehr über die empfindlichen und mysteriösen Wesen.

Pilzliebhaber haben es bereits festgestellt: Dieser Herbst ist kein Speisepilzherbst. Fehlender Regen im Frühjahr und Sommer sowie insgesamt zu hohe Temperaturen machen es den Pilzen nicht leicht, Fruchtkörper zu bilden und unsere Gaumen zu erfreuen.

Zeit, um sich mit diesen mysteriösen und empfindlichen Wesen zu beschäftigen.
Was sind Pilze eigentlich? Sie sind weder Tier noch Pflanze. Pilze besetzen ein eigenes Reich in unserer Natur – die „Funga“.

Einzigartige Lebensweise

Durch ihre Ernährungs- und Lebensweise unterscheiden sich Pilze grundlegend von Flora und Fauna. Sie sind nicht in der Lage, Zuckerverbindungen für ihr Wachstum zu produzieren. Ihnen fehlt Chlorophyll für die Photosynthese – was den Vorteil hat, dass Pilze unabhängig vom Licht leben können.

Außerdem bilden sie Zellwände aus Chitin, ein Material, aus dem viele Insektenpanzer bestehen. Und Pilze ernähren sich auf organischer Basis, was sie näher zum Tierreich stehen lässt. Eine Zuordnung dorthin schließt sich jedoch durch den Zellaufbau aus.

Das Reich der Pilze ist unfassbar groß und vielfältig – gehören neben den uns bekannten Großpilzen ebenso Schimmelpilze, Roste, Echte Mehltaue, Brande und Hefen dazu. Schätzungen der Wissenschaftler besagen: Die Funga umfasst mehr Arten als Pflanzen-, Säugetier- sowie Vogelarten zusammen. Allein die Insektenvielfalt könnte die Menge an Pilzarten übertreffen.

Erstaunliche Fadenwesen

Doch wie wachsen Pilze? Das, was wir sehen können und für den heimischen Speiseplan ernten, sind nur die Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz wächst im Verborgenen. Es handelt sich dabei um ein Geflecht aus unzähligen Fäden, sogenannten Hyphen – das „Myzelium“.

Überall können Pilze zu finden sein; unter unseren Füßen im Boden, in toten Holzstämmen, im Laub. Auch besiedeln sie Kerosin und zersetzen Laub, Holz und andere organische Stoffe. Viele Pilze sind für ihre Vital- und Heilstoffe bekannt, andere wiederum sorgen für schwere Vergiftungen oder ­Allergien.

Nützliche Symbiose

Die wohl bekannteste Lebensweise der Pilze ist die Symbiose mit Pflanzen, in der Fachsprache „Mykorrhiza“ genannt. Dabei gehen viele der uns bekannten Pilzarten eine Symbiose mit Bäumen ein. Das erfreut den Pilzsammler, denn er kann sich bei der Pilzsuche an den Baum­arten orientieren.

Eine Symbiose ist von Vorteil für Pilz und Baum: Der Pilz erhält die notwendigen Zuckerstoffe. Zugleich wird die Versorgung des Baumes mit Wasser und Mineralien verstärkt. Denn das Myzelium ummantelt die nicht verholzten Wurzelenden der Bäume und vergrößert so die Aufnahmefläche. Dadurch wächst er deutlich besser und bildet mehr und gesünderes Blattwerk aus.

Unter diesen Arten finden sich die meisten Speisepilze, zum Beispiel Pfifferlinge, Steinpilze und Maronenröhrlinge, doch auch die giftigsten Pilz-Vertreter sind Mykorrhiza-Arten, beispielsweise Knollenblätter- und Pantherpilze.

Pilze können auch parasitisch leben und Pflanzen und Tiere befallen und schädigen. Landwirte und Gärtner können ein Lied davon singen, denken wir an Mutterkorn, Maisbeulenbrand und Co.

Genuss ohne Reue

Der Regen der vergangenen Tage macht Hoffnung, doch noch den ein oder anderen Pilz zu finden. Die grundsätzliche Empfehlung lautet: Pilze nur in Maßen zu genießen. Denn zum einen sind auch die besten Speisepilze schwer verdaulich, zum anderen können sie naturgemäß Schwermetalle und Umweltgifte speichern.

Das Wissen um Lebensweise und Vorlieben der Speisepilze und eine fundierte Artenkenntnis macht es relativ leicht, fündig zu werden.

Wichtig ist, alle Merkmale der Arten, die man sammeln möchte, und auch der Arten, die man meiden sollte, genau zu kennen. Dabei können Pilzbücher helfen. Sie ersetzen jedoch nicht die Erfahrung, die man auf Wanderungen mit pilzkundiger Begleitung erlangt. Vom Vergleichen der Funde mit Bildern im Internet ist dringend abzuraten. Denn fehlerhafte Veröffentlichungen sind nicht auszuschließen.

Sollte es zum Vergiftungsverdacht kommen, gilt: Ruhe bewahren, die Giftnotrufzentrale einschalten oder einen Pilzsachverständigen in der Umgebung befragen sowie einen Arzt aufsuchen. Nanette Sicke-Hemkes

Telefonnummern von Pilzsachverständigen, sortiert nach Postleitzahl, sind auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (www.dgfm-ev.de ) zu finden.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Wochenblatt-Ausgabe 42/2016.