Landesbauordnung NRW

Neue Bauordnung für NRW: Das ändert sich

Seit 1. Januar 2019 gilt eine neue Landesbauordnung in Nordrhein-West­falen. Land- und Forstwirte dürfen mehr Vorhaben ohne Baugenehmigung realisieren. Auch bei den Genehmigungsverfahren hat sich einiges geändert.

Die neue Landesbauordnung in NRW ist auf den Weg gebracht worden, um die Bauherrn von Bürokratie zu entlasten. Eine Reihe von Veränderungen bzw. Erleichterungen betrifft auch den landwirtschaftlichen Sektor. Rechtsanwältin Lisa Paar aus Hamm erläutert, was Düsselforf ab Januar 2019 verändert hat.

1. Baugenehmigungsfreie Vorhaben

Seit Januar 2019 sind mehr Vorhaben als bisher genehmigungsfrei gestellt worden. Dies dient in erster Linie der Entlastung der Behörden; sie müssen für diese Vorhaben kein Genehmigungsverfahren mehr durchführen.

  • Zu den genehmigungsfreien Vorhaben zählen auch für den landwirtschaftlichen Bereich wichtige Anlagen: Beispielsweise sind jetzt Gebäude bis zu 75 m³ baugenehmigungsfrei (vorher bis 30 m³). Die genehmigungsfreien Gebäude dürfen allerdings nicht als Aufenthaltsräume, Ställe, Toiletten oder Feuerstätten genutzt werden. Außerdem ist bei der Errichtung solcher Gebäude im Außenbereich immer die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) zu berücksichtigen. Das heißt: Das Gebäude, etwa ein Geräteschuppen oder ein Viehunterstand, muss einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen. Hobbybauern dürfen solche Gebäude im geschützten Außenbereich nicht errichten.
  • Eine weitere Neuerung ist die Genehmigungsfreiheit von Gärfutterbehältern ohne Volumenbegrenzung. Sie dürfen lediglich 6 m Höhe nicht überschreiten. Die Neuregelung ersetzt die alte Regelung zu Flachsilos, die einer Größenbegrenzung von 50 m³ Fassungsvermögen und bis zu 3 m Höhe unterlagen. Von der Regelung umfasst sind auch die Schnitzelgruben, die teilweise regional noch vorhanden sind.
  • Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren in, an und auf Dach- und Außenwandflächen sind nunmehr ebenfalls insgesamt genehmigungsfrei. Ob der erzeugte Strom dem Eigengebrauch dient oder ins Netz eingespeist wird, ist für die Genehmigungsfreiheit unerheblich. Auch auf Gebäuden aufgeständerte PV-Anlagen darf man jetzt ohne Genehmigung errichten. Zu beachten ist hier jedoch: Die Anlagen können Mindestabstände zum Grundstück des Nachbarn erfordern, die einzuhalten sind.
  • Ebenfalls wichtig: Bei der Errichtung von genehmigungsfreien Anlagen sind stets die öffentlich-rechtlichen Vorschriften einzuhalten; das gilt für die Abstandsflächen, aber auch für die Verkehrs- und Standsicherheit sowie den Brandschutz. Dieser Grundsatz wurde in der neuen Bauordnung erstmals, allerdings lediglich klarstellend, normiert. Verstößt ein genehmigungsfreies Vorhaben dennoch gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, kann die Bauaufsichtsbehörde Nutzungsuntersagungen oder Beseitigungsverfügungen aussprechen. Eine an Recht und Gesetz orientierte Planung bleibt unerlässlich.

2. Behandlung Bauantrag

Oft stellt die Behörde fest, dass die Antragsunterlagen nicht vollständig oder fehlerhaft sind. Bislang hatte die Behörde die Möglichkeit, Anträge durch Bescheid zurückzuweisen, wenn trotz Nachforderung die Unterlagen nicht eingereicht wurden. Die Zurückweisung des Antrags musste sie vorher ankündigen, sodass der Bauherr dazu noch Stellung nehmen oder weitere Unterlagen einreichen konnte.

  • Die neue Bauordnung sieht nun vor: Die Behörde ist verpflichtet, die Nachforderung von Unterlagen an eine Frist zu knüpfen. Die Nachbesserung kann nur noch innerhalb dieser Frist erfolgen. Werden die Mängel nicht fristwahrend behoben, gilt der Antrag als zurückgenommen.
  • Im Unterschied zur bisherigen Regelung stellt dieser verfahrensmäßige Ablauf einen Automatismus dar, auf den die Behörde keinen Einfluss hat. Es ergeht nach Ablauf der Frist kein ablehnender Bescheid. Vielmehr ist das Antragsverfahren automatisch beendet.
  • Diese fingierte Rücknahme des Bauantrags kann sich für den Bauherrn als Kostenfalle entpuppen. Bereits die Nachforderung von Unterlagen ist gebührenpflichtig. Mit der automatischen Rücknahme des ursprünglichen Antrags wird dann für den Bauherrn, soweit er an seinem Vorhaben festhalten will, auch noch ein neuer Bauantrag erforderlich. Er muss also die Gebühren für das erfolglose Verfahren als auch für das neue Bauantragsverfahren tragen.
  • Den Bauherren ist daher zu raten: Vor Einreichung eines Antrags sollte dieser auf Vollständigkeit überprüft werden. Fehlt doch mal eine Unterlage, sind die Fristen der Behörde zu beachten. Zeichnet sich ab, dass die Vervollständigung der Unterlagen innerhalb der Frist nicht realisierbar ist, sollte man eine Fristverlängerung beantragen und nach Möglichkeit schriftlich vereinbaren.

3. Öffentlichkeits­beteiligung

Aus der bisherigen Praxis ist bekannt, dass Angrenzer (Nachbarn) eines Bauvorhabens im Genehmigungsverfahren von den Behörden beteiligt werden. Erheben sie Einwendungen, wird ihnen die Baugenehmigung nach Erteilung zugestellt. Für den Fall, dass die Nachbarn die Genehmigung angreifen wollten, haben sie dann einen Monat Zeit, Klage zu erheben. Anders sieht dies aus, wenn die Baugenehmigung den Nachbarn nicht bekanntgegeben bzw. zugestellt wird. Klagen können dann noch bis zu einem Jahr ab Kenntnis des Betroffenen von der Genehmigung erhoben werden.

In Zeiten, in denen der Kreis der Klageberechtigten nicht mehr auf die unmittelbaren Angrenzer beschränkt werden kann, weil auch Umweltverbände und weiter entfernt wohnende Betroffene klagen können, stellt sich dieses System als überholt dar.

  • Folgerichtig gibt die neue Bauordnung dem Bauherrn ein weiteres Instrument an die Hand. Für Vorhaben, bei denen der Kreis der Betroffenen groß ist, kann der Bauherr jetzt beantragen, eine freiwillige Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Dies muss der Bauherr bei der Behörde beantragen. Bereits während des Genehmigungsverfahrens wird dann das Bauvorhaben öffentlich – das heißt im amtlichen Veröffentlichungsblatt und im Internet oder in der örtlichen Tageszeitung – bekannt gemacht.
  • Nach Bekanntmachung werden Antrag und Bauvorlagen für einen Monat zur Einsicht ausgelegt, damit die Öffentlichkeit bis zwei Wochen Stellung nehmen kann. Ist die Baugenehmigung schließlich erteilt worden, wird auch der Genehmigungsbescheid öffentlich bekannt gemacht. Dies bewirkt, ebenso wie die – bereits bekannte – Zustellung der Baugenehmigung an die Nachbarn, dass Klagen nur innerhalb eines Monats erhoben werden können.
  • Die Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung empfiehlt sich immer dann, wenn der Landwirt zum Beispiel einen größeren Stall plant und man davon ausgehen kann, dass Nachbarn oder andere Betroffene (etwa ein Umweltverband) klagen werden. Das Verfahren ist zwar aufwendig und nimmt Zeit in Anspruch. Allerdings erwächst die Baugenehmigung bereits einen Monat nach Erteilung in Rechtskraft. Klagen sind nach Ablauf der Monatsfrist dann nicht mehr zulässig.

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