Mit Kühen vor der Kamera

Sind die "Tage des offenen Hofes" bald gezählt? Wohl kaum, aber die Bedeutung elektronischer Medien für die Öffentlichkeitsarbeit nimmt zu. Über Youtube, Facebook und Fernsehen holt der Landwirt die Verbraucher vom Wohnzimmersessel direkt in den Stall. Das erreicht mehr Menschen in weniger Zeit.

"Wir müssen unsere Arbeit offenlegen", ist Amos Venema überzeugt. Der Milchviehhalter aus Jemgum, Landkreis Leer, bewirtschaftet gemeinsam mit seinem Bruder Jan einen Hof im ostfriesischen Rheiderland. Über die Betriebsabläufe hat Amos Venema bereits mehr als 35 Kurzfilme gedreht und ins Internet gestellt. Tausende Aufrufe verzeichneten seine Videos bisher – Und er hofft auf noch mehr.

Mit der Kamera im Kuhstall

"My KuhTube" heißt das Projekt, für das Venema seine Filme dreht. Nach der Teilnahme an der "Goldenen Olga", dem Milcherzeugerpreis für nachhaltiges Wirtschaften in Niedersachsen, fragte ihn ein Vertreter der Landesvereinigung der Milchwirtschaft, ob er mitmachen wolle. Der Ostfriese überlegte nicht lange. Für ihn ist klar: "Wir müssen die Verbraucher von heute mitnehmen und zeigen, wie die moderne Landwirtschaft funktioniert." Schon lange stört ihn das Bild, das viele Tierschutz- und Umweltorganisationen von der Landwirtschaft zeichnen. "Diese Vereine haben in der Öffentlichkeit eine Glaubwürdigkeit, an der wir nicht rütteln können. Ihre zum Teil plakativen Aussagen werden als absolute Wahrheit vermittelt", kritisiert Venema. Der Milchviehalter betont: "Wir haben keinen Grund unsere Arbeit als Milchviehhalter zu verstecken."

My KuhTube
Warum stehen Kühe trocken? Wie funktioniert die Klauenpflege? Diese und weitere Fragen beantworten 16 Milcherzeuger aus Niedersachsen seit Mai vergangenen Jahres in Kurzfilmen. Im Durchschnitt drehen die Landwirte zwei Filme pro Woche, vollkommen selbstständig. Die Kamera und eine Einführung in die Handhabung bekamen sie von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen (LVN), die das Projekt konzipierte. Aufgrund des Erfolges setzt die LVN das „My KuhTube-Projekt“ in diesem Jahr fort. Sogar der amerikanische Fernsehsender „NBC World“ brachte bereits eine Meldung zu den Video-Bauern.


Verantwortung für Tier und Natur

Ein Motto der Venemas lautet: Miteinander reden ist besser als übereinander reden. Durch Kommunikation schaffen die Brüder es, Konflikte mit ihren "städtischen" Nachbarn zu vermeiden, wenn zum Beispiel landwirtschaftliche Arbeiten am Wochenende anfallen. Dem Verbraucher müsse klargemacht werden, was es bedeute Milchviehalter zu sein. "Wir tragen ein Stück Verantwortung für Tiere und Natur und leben nicht nur von den Kühen, sondern auch mit ihnen und für sie", schildert Venema und ist überzeugt, dass sich Landwirte klarer von der Industrie abgrenzen müssen: "Viele Skandale in der Lebens- und Futtermittelwirtschaft haben mit der Arbeit der Landwirte gar nichts zu tun."

Spontane Einfälle

Die Themenauswahl für seine Filme fällt Amos Venema nicht schwer, schließlich bietet der Hof eine große Vielfalt. "Unser Betrieb besitzt unter anderem ein ,Kinderheim‘, ein ,Altenheim‘ und eine ,Krankenstation‘ für die Kühe", erklärt der Ostfriese. Häufig kommen seine Ideen spontan: "Neulich habe ich einen Kuhzahn im Melkstand gefunden. Da habe ich im Maul einer Kuh gezeigt, wie das Gebiss aufgebaut ist und wie der Zahnwechsel abläuft." Dieses Video führte zu
Venemas Überraschung aber auch zu negativen Reaktionen, weil er im Film der Kuh das Maul aufhielt. "Wir sind eben Amateure", räumt er ein.

Wenig Aufwand, große Wirkung

Die Filmarbeiten machen Amos Venema viel Spaß und kosten wenig Zeit. Er beschreibt: "Im Durchschnitt benötige ich für die Öffentlichkeitsarbeit nicht mehr als eine Stunde pro Woche. Das wird schnell überschätzt." Die Venemas bereiten derzeit ihren eigenen Internetauftritt vor. Das Bedürfnis der Verbraucher an Informationen in den elektronischen Medien ist offensichtlich da. Und der Tag des offenen Hofes? Die Brüder möchten ihn trotz modernerer Medien auf jeden Fall beibehalten und machen zumindest in diesem Jahr mit. Robert Quakernack



Den kompletten Beitrag lesen Sie in der Wochenblatt-Ausgabe 15/2014 auf den Seiten 18 und 19.