Klima in NRW: Was kommt auf uns zu?

Mehr heiße Tage, weniger Frost und Schneetage, steigende Niederschläge – das erwarten Forscher vom Klima der kommenden Jahre in Nordrhein-Westfalen. Was bedeutet das für Land- und Forstwirtschaft?

Mehr heiße Tage, weniger Frost und Schneetage, steigende Niederschläge vor allem in den Mittelgebirgen – das erwarten Forscher für die kommenden Jahre in Nordrhein-Westfalen. Das geht aus einem Bericht des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) hervor.

Das LANUV hat nach 2010 nun den zweiten Bericht über „Klimawandel und Klimafolgen in Nordrhein-Westfalen“ vorgelegt, den Landesumweltminister Johannes Remmel am Montag dieser Woche gemeinsam mit LANUV-Präsident Dr. Thomas Delschen der Öffentlichkeit vorstellte. Der Bericht stützt sich vornehmlich auf Daten des Deutschen Wetterdienstes sowie auf ein „Monitoring“, eine gezielte, gesetzlich geregelte Beobachtung durch Experten des LANUV.

Die wärmsten Jahre

„Seit Beginn der Messungen im Jahr 1881 war 2014 das wärmste Jahr in NRW", erläuterte Delschen. „Darüber hinaus lagen von den zwanzig wärmsten Jahren elf im 21. Jahrhundert.“ Der Klimawandel sei nicht nur in der Umwelt nachweisbar, sondern belaste die Menschen und gefährde die Infrastruktur des Landes.

Der LANUV-Präsident erinnerte an das Starkregen-Ereignis im Sommer 2014 in Münster, dessen 30.000 angezeigte Schäden nach Auskunft des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft Regulierungskosten von rund 200 Mio. € nach sich gezogen haben. Auf den Klimawandel führte Delschen auch die Ansiedlung wärmeliebender Arten, sogenannter Neobiota zurück, die ursprünglich gar nicht in NRW vorkommen. Zudem werden Krankheitserreger und Überträger von Krankheiten durch die steigenden Temperaturen begünstigt."

Was bisher geschah

Der neue Klimabericht weist für Nordrhein-Westfalen auf diese zurückliegenden Veränderungen und möglichen Folgen hin:

  • Die durchschnittliche Temperatur im Jahresmittel hat sich zwischen 1881 und 2015 um 1,4 Grad Celsius erhöht. Damit verbunden ist ein Rückgang der Eistage seit 1891, an denen die Temperatur unter dem Gefrierpunkt liegt, um etwa 5 Tage. Die Anzahl der Schneetage am Kahlen Asten hat sich zwischen 1955 und 2015 um 25 Tage reduziert.
  • Die mittlere Wassertemperatur des Rheins, gemessen an der Station Kleve-Bimmen, hat seit 1974 um etwa 1,5 Grad Celsius zugenommen. Außerdem treten vermehrt Jahre mit einer maximalen Wassertemperatur von mehr als 25 Grad Celsius auf.
  • Die Vegetationszeit hat sich zwischen 1951 und 2015 um etwa 15 Tage verlängert, ihr Beginn hat sich „nach vorne verlagert“, so das LANUV.
  • Die jährlichen Niederschläge haben zwischen 1881 und 2015 im langfristigen Durchschnitt um 107 mm zugenommen (+14 %). Dabei haben sie mit etwa 60 mm vor allem in den Wintermonaten „hochsignifikant“ zugenommen. Außerdem zeigt sich eine zunehmende Tendenz der Anzahl der Starkregentage.
  • Die Entwicklung des Grundwasserstandes steht dazu teilweise im Widerspruch: Denn 21 der 29 langjährig beobachteten Grundwasser-Messstellen des LANUV zeigen für den Zeitraum von 1951 bis 2014 „einen signifikant fallenden Trend für den mittleren Grundwasserstand im Wasserwirtschaftsjahr“ an.

Was passiert im Wald?

Trockenstress, unregelmäßige und hohe Niederschläge, häufigere Stürme, neue Krankheiten und Schädlinge – all das werde den Wäldern in NRW stärker als bisher zusetzen, sagte Matthias Niesar vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Weil niemand die klimatischen Verhältnisse des nächsten Jahrhunderts voraussagen könne, setzten die Forstleute auf eine Mischung von Baumarten, Struktur und Alter. Niesar:

"Neben unseren bisher hier heimischen Baumarten gehören in die Wälder der Zukunft auch Baumarten, von denen wir hoffen, dass sie mit dem künftig zu erwartenden Klima besser zurechtkommen. Douglasie, Weißtanne, Esskastanie und Roteiche gehören als Mischbaumarten in die Wirtschaftswälder der Zukunft."

Kaum Hinweise zur Landwirtschaft

Zur Landwirtschaft, etwa zu klimabedingten Veränderungen im Ackerbau, liefert der neue LANUV-Klimabericht für Nordrhein-Westfalen erstaunlicherweise kaum Hinweise und Prognosen. Einige Angaben immerhin finden sich in einer Zusammenfassung mit "regionalen Ergänzungen", die – begleitend zum LANUV-Bericht – auf der Pressekonferenz des NRW-Umweltministeriums publiziert wurde. Darin werden zu einzelnen Landstrichen Westfalens und ihrer jeweiligen Landwirtschaft die folgenden Prognosen gegeben:

  • Westfälische Bucht (Münsterland) und Westfälisches Tiefland (Kreis Minden- Lübbecke): Hier rechnen die Klimaexperten des Landes mit einem weiteren Anstieg des Jahresniederschlags und der Durchschnittstemperaturen. Unter dem Strich werde sich die frostfreie Zeit „deutlich verlängern“. Das wirke sich positiv auf die Landwirtschaft aus, „allerdings spielen weitere Einflussfaktoren wie eine ausreichende Wasserverfügbarkeit für die Ertragssituation eine Rolle“.
  • Weserbergland: An den Luv-Hängen des Eggegebirges haben sich die ursprünglich bereits vergleichsweise hohen Jahres-Niederschlagsmengen überdurchschnittlich stark erhöht. Der Bericht spricht von „mehr als 150 mm“. Niederschlagsmengen, Starkniederschlagstage und Temperaturen würden „voraussichtlich weiter zunehmen“.
  • Sauerland: Die Niederschläge werden voraussichtlich weiter zunehmen und mit ihnen die Starkniederschlagstage. Aufgrund der steigenden Temperaturen gehen die Schneetage weiter zurück, die Winterniederschläge fallen vermehrt als Regen. Schnee wird seltener. Der Anstieg der Durchschnittstemperaturen und eine längere Vegetationszeit wirkten sich aber „tendenziell positiv“ auf die dortige Landwirtschaft aus, heißt es in dem Papier. Gisbert Strotdrees