In den Wipfeln wächst die Zukunft

Nur mithilfe erfahrener Baumkletterer lässt sich wertvolles Vermehrungsmaterial für Neuanpflanzungen ernten. Wir haben erlebt, wie anspruchsvoll dieser Job ist.

Während wir über aufgeweichte Wege immer tief in den Wald gehen, erklärt Lydia Schulze von der Beratungsstelle für Forstvermehrungsgut des Landesbetriebes Wald und Holz deren Aufgaben. Für alles, was mit der Vermehrung oder Gewinnung von Forstsaatgut zu tun hat, ist in NRW die Beratungsstelle zuständig. "Mit unserer Arbeit versuchen wir, die genetischen Ressourcen der an unseren Standorten vorhandenen Bestände zu sichern und zu erhalten. Dafür brauchen wir qualitativ hochwertiges Saatgut", erklärt die Forstexpertin. Als Saatgutbäume kommen deshalb nur Exemplare aus ausgewählten und zugelassenen Beständen infrage.

Lärchen der Extraklasse

Langsam wird es heller im Bestand, über uns wiegen sich rund 80 Jahre alte Lärchen im Wind. Für den Laien sehen sie aus wie jeder andere Baum dieser Art, die Fachleute wissen jedoch: Hier stehen Schweckhauser Lärchen, eine über die Grenzen von NRW hinaus bekannte Sonderherkunft, die sehr gerade, ohne Drehwuchs und mit wenig Ästen wächst. Von diesen Bäumen sollen heute etwa 40 cm lange Reiser geschnitten werden.

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Ein Video vom Einsatz der Baumkletterer sehen Sie hier .

Aber wofür? Weil die Saatguternte bei vielen Baumarten ein schwieriges, aufwendiges und gefährliches Geschäft ist, werden nach und nach sogenannte Samenplantagen angelegt. Dabei arbeiten die Forstleute mit einem Trick: Statt die Bäume tatsächlich in das Alter - und damit auch in die Höhe - wachsen zu lassen, in dem sie natürlicherweise zur Samenausbildungkommen, schneidet man junge Triebe von alten Bäumen. Diese Reiser werden dann auf Jungpflanzen veredelt. Innerhalb von wenigen Jahren steht so ein Baum zur Verfügung, der in Leiterhöhe Zapfen ausbildet. "Der Trick ist", sagt Lydia Schulze, "dass die Reiser die genetische Information der bereits 80 Jahre alten Bäume in sich tragen und sofort Zapfen ausbilden."

Per Seil in die Spitze

Doch wer ist so verrückt und steigt bei 0 °C in die Wipfel von 30 m hohen, schwankenden Bäumen? Kay Busemann tut das. Seit gut 30 Jahren klettert er in Bäumen herum und ist damit einer der Pioniere dieses Berufes.

Steigeisen sind bei seiner Arbeit tabu, sie würden den Baum nur verletzen. Heute rückt man dem Baum mit verschiedenen Seilklettertechniken zu Leibe. Als Erstes heißt es, ein Seil im Baum zu fixieren, an dem der Kletterer in die Krone steigen kann. Dazu wird zunächst eine dünne Schnur per Schleudertechnik oder mit einer Armbrust über eine belastbare Astgabel geschossen. Nun kann das eigentliche Steigseil "eingebaut" werden. An ihm steigen die Kletterer mithilfe von sogenannten Steigklemmen und zusätzlich gesichert nach oben. Wegen der vielen kleinen Äste ist die Lärche der mit Abstand schwierigste Baum in der Vorbereitung.

Sicherheit zuerst

Bei der Sicherheit gibt es keine Kompromisse, denn nichts weniger als das Leben hängt von einer gewissenhaften Vorbereitung ab. "Bevor wir aufsteigen, belasten wir das Seil zunächst mit zwei Personen. Auf diese Weise wird geprüft, ob es richtig sitzt und der gewählte Ast die Belastung aushält", beschreibt Busemann den Arbeitsablauf. Ausgerüstet mit einem Klettergurt, an dem allerlei Ausrüstung baumelt, demonstriert er den Aufstieg.

Die Füße stecken in jeweils einer Seilschlinge, die wiederum mit einer Seilklemme verbunden ist. Abwechselnd links/rechts geht es Stück für Stück 30 m senkrecht in die Krone. Wer schon einmal in steilem Gelände unterwegs war, kann sich vorstellen, wie anstrengend das ist. Trotzdem sind die Profis ruck, zuck in der Baumspitze. Dort sichern sie sich mit weiteren Seilen, sodass sie gefahrlos in der Krone arbeiten können. Nach einer halben bis Dreiviertelstunde stehen sie mit ihrer Ausbeute wieder am Erdboden: einem Strauß unscheinbarer brauner Triebe aus den Wipfeln ganz besonderer Lärchen. Wob

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie in Wochenblatt-Folge 8/2015 auf den Seiten 52/53.