Im Land des ewigen Frühlings

Janine Frönd war mit einer Gruppe aus Ostbevern in Ruanda. Sie sah, wie die Wunden des Bürgerkrieges verheilen und Kaffee angebaut wird. Ihr Herz hat sie aber an die Kinder Ruandas verloren.



Ruanda wird oft beschrieben als das Land der 1000 Hügel und des ewigen Frühlings. Es liegt in Ostafrika, etwas südlich des Äquators. Ruanda ist der Fläche nach kleiner als Brandenburg und zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Vor allem in den ländlichen Regionen fehlt es noch immer an Elektrizität und sauberem Trinkwasser.

Gemeinsam mit vier anderen Mitgliedern des Vereins Ndaba-Ostbevern besuchte ich das Land, um Partnerschaften und Freundschaften zu pflegen. Auf unserer Rundreise empfingen uns die Menschen mit einer weltoffenen und interessierten Warmherzigkeit.

Im Schatten der Gräuel

Wir waren zur Zeit der Gedenkfeiern anlässlich des Völkermordes dort. 1994 führte der schon länger bestehende und von europäischen Mächten noch verstärkte Konflikt zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi zu einem Massaker, bei dem über eine Million Menschen starben. In den vergangenen Jahren hat sich in Ruanda eine zwar stabile, aber auch ­autoritäre ­Regierung etabliert.

Der Schatten des Genozids hängt auch noch nach 21 Jahren über dem Land. Mir ist während meines Aufenthaltes dort niemand begegnet, der nicht einen Verlust in der Familie hatte. Mal war es der Ehemann, mal der Bruder, mal die Mutter mit drei Geschwistern, die starben. Durch ihre Wurzeln im Glauben und der Nächstenliebe können viele Ruander ei­nander vergeben. So ist es nach vielen Gesprächen möglich, dass Opferfamilien und Täter in der Nachbarschaft leben.

Kaffee als Exportgut

Auf der Rundreise haben wir im Distrikt Rutsiro im Westen des Landes eine Kaffeeplantage besichtigt. In Ruandas Wirtschaft dominiert die Landwirtschaft. Kaffee ist gemeinsam mit Tee das wichtigste Agrar- und Exportgut. Fair gehandelter Kaffee aus Ruanda wird von Kleinbauernkooperativen hergestellt, die in den grünen Hügeln einen Arabica-Kaffee mit hoher Qualität produzieren.

Die sensiblen Kaffeepflanzen benötigen das ganze Jahr über ein ausgeglichenes Klima ohne extreme Hitze und Kälte sowie ausreichend Niederschlag und viel Schatten. Die Pflanze braucht einen nährstoffreichen Boden. Die Reifezeit der Kaffeekirschen beträgt bis zu zehn Monate.

Kontakt zu Ruanda
Der Verein Ndaba-Ostbevern besteht seit 2005. Seine Aufgabe ist es, Beziehungen zu den Menschen in Ruanda herzustellen, sowie humanitäre Hilfe zu fördern. Zu den aktuellen Projekten des Vereins gehört es, Informationen über das Land, die Menschen und die Kultur Ruandas zu verbreiten, zum Beispiel mit Lesungen von Zeitzeugen des Genozids. Weiter versucht er, den persönlichen Kontakt mit jährlich stattfindenden Besuchen in Ruanda auszubauen. Zusätzlich unterstützt er die Erschließung einer Trinkwasserquelle. Der Verein ist weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig.

In der Kaffeekooperative Kopakama sind es vor allem Frauen, die mit dem Anbau, der Ernte, der Verarbeitung und dem Export des Kaffees ihr Leben selbst finanzieren. Sie sind gleichberechtigt und haben ein Mitbestimmungsrecht, da sie als Mitglied der Kooperative auch Eigentümer sind.

Kopakama trägt das Siegel des Fairen Handels und gewährleistet die Zahlung gerechter Preise. Sie unterstützt die Familien der Kaffeebauern in Gesundheitsfragen und pflegt langfristige Handelsbeziehungen.

Der Verein Ndaba-Ostbevern hat in direkter Nachbarschaft zur Kaffeekooperative ein Trinkwasserprojekt realisiert. Es ermöglicht für 2000 Menschen im Dorfverband Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Center für Kinder

Unser Weg führte uns auch in ein Flüchtlingslager in den Bergen an der Grenze zum Kongo. Dort leben seit über 20 Jahren auf engstem Raum 20 000 Menschen, dicht gedrängt und ohne Perspektive. Manche verbringen schon ihr ganzes Leben in diesem Camp. Viele werden dort auch sterben, ohne je richtig gelebt zu haben.

Mindestens genauso bewegend wie der Besuch in dem Flüchtlingslager war die Begegnung mit den Kindern und Jugendlichen im Komera-Center. Komera heißt „sei stark“ und passt zu der Einrichtung, die sich um körperlich und geistig behinderte Kinder und traumatisierte Jugendliche kümmert. Es ist die erste Einrichtung dieser Art in Ruanda.

Derzeit werden etwa 100 Kinder dort betreut, unterrichtet und auf ein selbstständiges Leben mit Behinderung vorbereitet. Fast alle Eltern können das Geld für die Unterkunft und Verpflegung nicht bezahlen. Der Verein aus Ostbevern organisiert Schulpatenschaften. Täglich sind meine Gedanken bei den Kindern des Komera-Centers, bei meinen Freunden und natürlich bei den vielen Problemen des Landes. Aber immer habe ich dabei ein Lächeln im Gesicht. Denn die Hoffnung auf bessere Zeiten und der Glaube an dieses Land ist ansteckend. Janine Frönd