Hitzige Debatte um Fleischsteuer

Der Tierschutzbund fordert eine Fleischsteuer. Die Mehreinnahmen sollen das Tierwohl in den Ställen verbessern. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner begrüßt die Diskussion, die Verbände und Parteien sind gespalten.

Die Vor- und Nachteile von höheren Verbraucherpreisen beim Fleisch sorgen für Diskussionen. Den Stein ins Rollen gebracht hat der Deutsche Tierschutzbund (DTB), der mit einer Steuer auf tierische Veredlungsprodukte dem Tierwohl auf die Sprünge helfen will. „Parallel zur CO2-Steuer brauchen wir auch eine Fleischsteuer“, fordert Verbandspräsident Thomas Schröder.

Tierwandel fördern

Der DTB will mit den Mehreinnahmen den Umbau der Ställe finanzieren. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner begrüßte die Diskussion grundsätzlich. Es gehe um die Frage, „was uns mehr Tierwohl wert ist, wie wir es in den Ställen umsetzen und die Gesellschaft mitnehmen“, erklärte die CDU-Politikerin. Die Debatte zeige, dass es eine Sensibilität dafür gebe, dass mehr Tierwohl nicht zum Nulltarif zu haben sei.

Deutlich skeptischer zeigten sich die Agrarminister von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, Thomas Schmidt und Dr. Till Backhaus. Beide äußerten Zweifel, dass die Mehreinnahmen den Tierhaltern zugutekämen. Unter den Verbänden der Agrar- und Ernährungswirtschaft stieß die Fleischsteuer überwiegend auf Ablehnung. Der Deutsche Bauernverband (DBV) bezeichnete die Idee als „zu kurz gedacht“. Auch der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern, der Zentralverband der Deutschen Geflügel Wirtschaft (ZDG) und der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) ließen keine Unterstützung erkennen. Nur der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) stimmte unter Vorbehalt positiv.

Reaktionen der Parteien

Von den Fraktionen im Bundestag zeigten sich die Regierungsparteien und Teile der Grünen einer Fleischsteuer gegenüber aufgeschlossen, während sich alle anderen dagegen aussprachen.

Die deutschen Parteien waren erwartungsgemäß gespalten. Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagfraktion, Albert Stegemann, gab sich aufgeschlossen. „Eine solche Steuer kann ein konstruktiver Vorschlag sein“, so Stegemann. Dafür müssten die Mehreinnahmen aber zwingend genutzt werden, um die Tierhalter beim Umbau zu unterstützen.

Ähnlich sieht das der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Spiering. Er plädierte für eine höhere Mehrwertsteuer auf tierische Produkte, die derzeit 7  % beträgt. Auch Fleischproduzenten und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) müssten ihren Beitrag für eine nachhaltige Nutztierhaltung leisten.

Mit Ausnahme der Grünen erteilte die Opposition einer Fleischsteuer eine klare Absage. Die Liberalen im Bundestag halten es für fraglich, dass die Zusatzeinnahmen zu einer Verbesserung des Tierwohls beitragen. „Viel wahrscheinlicher wäre, dass sie einfach im Bundeshaushalt versickern“, so FDP-­Agrarsprecher Dr. Gero Hocker.

Die Fraktion der Linken erinnerte an die Ungleichgewichte zwischen Landwirten und LEH. Zur Änderung des Systems müsse die „Marktübermacht von Schlacht- und Einzelhandelskonzernen“ gebrochen werden, erklärte Agrarsprecherin Dr. Kirsten Tackmann.

Zustimmung erhielten die agrarpolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen von ihrem Amtskollegen bei den Grünen, Friedrich Ostendorff. Er sprach sich ebenfalls für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch aus. Der Bundesvorsitzende der Partei, Dr. Robert Habeck, erteilte der Maßnahme dagegen eine Absage.

Blockade im Baurecht

Wie FDP und AfD zeigte sich auch der Bauernverband skeptisch bezüglich der Verwendung der potenziellen Mehreinnahmen. „Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Mittel und Unterstützung für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung“, sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Nach seinen Worten würde eine Fleischsteuer auch deshalb ins Leere laufen, weil es für Um- und Neubauten von Ställen derzeit eine faktische Blockade im Bau- und Genehmigungsrecht gebe.

ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke bezeichnete eine pauschale Fleischsteuer als „falschen Weg“ und warnte vor noch stärkeren Wettbewerbsverzerrungen.

Derweil sprach die CSU-Europaabgeordnete Marlene Mortler von einem „Sommerloch-Vorstoß“. Sie zeige ganz klar der Politik die rote Karte, wenn sie den Bäuerinnen und Bauern im eigenen Land immer mehr abverlange, aber gleichzeitig Freihandelsabkommen wie zum Beispiel mit den Mercosur-Staaten zulasten der heimischen Produzenten feiere.

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