Feldraine leiden an „Schwindsucht“



Straßen- und Wegeraine sowie Böschungen sind wertvolle Kleinbiotope. Deshalb sollten sie gut geschützt und gepflegt werden. Allerdings sieht es in der Realität oft so aus, dass die Feldraine "an Schwindsucht leiden". Josef Schäpers vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) nennt drei Gründe, warum dies der Fall ist:

  • Kommunen und Straßenbauverwaltung mulchen etwa die Ränder und Raine im Sommer oft mehrmals ab und lassen das Mähgut liegen.
  • Die Feldraine werden durch den Eintrag von Stickstoff und Pflanzenschutzmitteln beein­trächtigt.
  • Einige Landwirte nutzen widerrechtlich öffentliches Eigentum, indem sie weit über die Grenze ackern.


Ideen und Forderungen

Unter dem Motto "Artenvielfalt durch bunte Säume und Randstreifen" diskutierten Landwirte mit Naturschützern und Behördenvertretern bei einer Veranstaltung der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Coesfeld. Dabei wurden einige gute Ideen, Hinweise und Forderungen zusammengetragen:

Aufklären: Nach dem Bundesnaturschutzgesetz, dem Landschaftsgesetz NRW und weiteren Vorschriften sind Feld­raine und Gewässerrandstreifen umfassend geschützt. Doch Verstöße ahndet der Kreis Coesfeld bislang kaum, weil meistens die Beweise fehlen. „Über Aufklärung und Verständnis können wir mehr erreichen“, sagte ULB-Leiter Hermann Grömping.

Modellprojekt
Karl Weckendorf, Leiter des Hegeringes Nottuln-Havixbeck, griff den Vorschlag, Modellprojekte von Jägern und Landwirten zu starten, spontan auf. Der Jäger will in seinem Revier demnächst ein Pilotprojekt starten. „Landwirte, die einen Feldrain für diesen Zweck zur Verfügung stellen möchten, mögen sich bei mir melden.“

Pflege anpassen: Viele Gemeinden, der Straßenbau und die Bahn nehmen bislang wenig Rücksicht auf die Natur bei Pflege der Wege- und Straßenränder oder Böschungen. Häufig wird im Sommer gemulcht, wenn sich die Kinderstube der Tiere auf den Randstreifen aufhält. „Das Mähgut müsste komplett runter, damit die Böden auszehren und Blühpflanzen wieder Raum erhalten“, sagte BUND-Kreisvorsitzender Bernd Brüning.

Später mulchen: Naturschützer und Jäger ärgern sich häufig darüber, dass einige Landwirte vertraglich geschützte Blühstreifen entlang der Gewässer und Wege teils schon ab 1. Juli mulchen. „Der Hinweis der Landwirtschaftskammer, die Streifen ab 1. Juli zu mulchen, ist eine große Dummheit“, so ein Landwirt.

Grenze ausmessen: Trifft es zu, dass zum Beispiel die Bauern in Dülmen im großen Stil Wegeränder bis zur Bankette umpflügen und somit öffentliches Eigentum widerrechtlich nutzen? Kreislandwirt Anton Holz warnte vor pauschalen Vorwürfen. Wo die Flurbereinigung war, so Holz, sind die Grenzen klar. In vielen Bauerschaften seien die Grenzen aber unklar, hier müsse man zum Teil auf das Urkataster zurückgreifen. „Vielfach gehören Wege und Feldränder einer Interessentengemeinschaft, die vom Bürgermeister der Gemeinde verwaltet wird. Im Zweifel muss die Kommune die Grenzen ausmessen lassen, was aber teuer ist.“

Flächenabweichung: Nach der EU-Agrarreform sind die meisten Landwirte kaum noch bereit, breite Randstreifen etwa an Wegen oder Gewässern liegen zu lassen. Grund: Es besteht das Risiko, dass sie dann die im Flächenverzeichnis angegebene Fläche nicht mehr erreichen. „Der Landwirt wird hart bestraft, wenn der Prüfer der Kammer auch nur eine minimale Flächenabweichung feststellt. Für den Naturschutz ist das kontraproduktiv“, sagte Dirk Schulze Pellengahr.

Nicht mähen: Eine Möglichkeit wäre auch, den Feldrand ein Jahr lang ganz in Ruhe zu lassen, also nicht zu mähen. „Weniger ist für den Naturschutz oft mehr“, hieß es. Armin Asbrand