Erbschaftssteuer: "In Teilen verfassungswidrig"

Die geltenden Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer sind in Teilen verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. In seinem Urteil trägt das Oberste Gericht dem Gesetzgeber auf, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen.

Die Karlsruher Richter räumten ein, dass es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers liege, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestandes und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Die derzeitige Privilegierung betrieblichen Vermögens aber sei unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreife, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls unverhältnismäßig sei die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme.

Höfe meist "ohne größere Kapitaldecke"

Welche Auswirkungen das Urteil auf die Land- und Forstwirtschaft hat, bleibt abzuwarten. Dem Bundesverfassungsgericht zufolge soll die Verschonungsregelung vor allem Unternehmen schützen, „die durch einen besonderen personalen Bezug des Erblassers oder des Erben zum Unternehmen geprägt sind, wie es für Familienunternehmen typisch ist.“

Steuerlich begünstigt werden solle ihr produktives Vermögen, um den Bestand des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze nicht durch steuerbedingte Liquiditätsprobleme zu gefährden. An der Legitimität dieser Zielsetzung bestünden aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Zweifel. Ausdrücklich weisen die Richter zudem darauf hin, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe „in besonders hohem Maße als „Familienbetriebe ohne größere Kapitaldecke“ geführt würden. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Grundbesitzerverbände (ARGE), Wolfgang von Dallwitz bezeichnete diesen Satz in einer ersten Bewertung als „sehr erfreulich“.

Reaktionen aus der Landwirtschaft

Insgesamt ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in der Land- und Forstwirtschaft mit Erleichterung aufgenommen worden. „Wir nehmen erfreut zur Kenntnis, dass nach dem Votum der Verfassungsrichter für die Übergabe landwirtschaftlicher Familienbetriebe keine Veranlagung zur Erbschaftsteuer notwendig sein soll“, erklärte der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Werner Hilse. Das Landvolk sehe sich in seiner Auffassung bestätigt, dass bäuerliche Familienunternehmen durch eine Verschonungsregelung von der Erbschaftsteuer befreit blieben. Hilse appellierte an die Politik, den nun ergangenen Auftrag zur Feinjustierung der entsprechenden Gesetzgebung nicht als Anlass zu Verschärfungen im landwirtschaftlichen Erbrecht zu nutzen.

Von einem „guten Signal für Land- und Forstwirte“ sprach der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Grundbesitzerverbände (ARGE), Michael Prinz zu Salm-Salm. Die Verfassungsrichter halten aus seiner Sicht dem Gesetzgeber die Türen offen, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sichern. AgE