Die Flut geht, die Fragen kommen

Während das Wasser in den Überflutungsregionen am Niederrhein langsam zurückgeht, stellen sich den betroffenen Landwirten viele Fragen: Gibt es finanzielle Hilfe? Was ist mit der Flächenprämie?

Gut 4500 ha landwirtschaftliche Fläche hat das Hochwasser Anfang Juni in den Kreisen Wesel und Kleve überflutet. Der dadurch verursachte Schaden belaufe sich auf rund 4,5 Mio. €, sagte Wesels Kreisverbandsvorsitzender und Kreislandwirt Wilhelm Neu am Freitag auf einer Informationsveranstaltung des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes und der Landwirtschaftskammer in Wesel.

Offen sind derzeit insbesondere Fragen zur Entschädigung der Landwirte, zu den Auswirkungen auf die Betriebsprämie sowie zur Verwertung des nicht mehr nutzbaren Grünlandaufwuchses. Abgesehen davon wurde deutlich, wie dramatisch der Grundfuttermangel auf einzelnen Betrieben durch den Verlust von Mais- und Grasaufwüchsen ist.

Kleines Hilfeprogramm

Nach Aussage des Geschäftsführers des Kreisverbandes Wesel, Gerrit Korte, bestehe kein Rechtsanspruch auf eine Entschädigung der durch das Hochwasser entstandenen Schäden. Werden private Flächen jedoch zum Schutz der Allgemeinheit gezielt geflutet, so müsse entschädigt werden. Anträge sollten Landwirte bei den Kommunen stellen, empfahl Korte.

Düsseldorf will „unbürokratisch helfen“
Die Soforthilfen des Landes NRW für Privatleute und Unternehmen, die hohe Schäden durch den Stark­regen vom 31. Mai bis 8. Juni erlitten haben, stehen im vollen Umfang auch den Betrieben der Landwirtschaft und des Gartenbaus zur Verfügung. Darauf weist NRW-Umweltminister Johannes Remmel hin.
Die Soforthilfen werden im Rhein-Sieg-Kreis sowie in den Kreisen Kleve, Wesel und Borken angeboten. Landwirte würden, was die Voraussetzungen und Höhe der Zahlungen betrifft, Kleingewerbetreibenden gleichgestellt. Anspruch auf die Hilfen haben Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten, in denen es zu einem Gesamtschaden von mindestens 10.000 € gekommen ist, der nicht versicherbar war. Die Soforthilfe beträgt 5000 € und wird unbürokratisch ausgezahlt. Die Landwirte müssen zusichern, dass Schäden von mindestens 10.000 € entstanden sind, die Schäden nicht versicherbar waren und die Mittel zur Schadensbeseitigung verwendet werden. Das Verfahren wird durch die Kreise und kreisfreien Städte abgewickelt, teilt das Ministerium weiter mit. Die Beantragung und Auszahlung der Soforthilfe soll bis spätestens 15. Juli 2016 erfolgen. As

Der Nachweis eines Schadens von mehr als 10 .000 € soll Voraussetzung sein, um einen Einmalbetrag in Höhe von 5000 € erhalten zu können. Das sei ein Tropfen auf den heißen Stein, wie die anwesenden Landwirte angesichts eine 1-Mrd.-€-Nothilfeprogramms der Bayerischen Staatsregiergung für die dortigen Flutopfer meinten.

Ebenfalls wenig Begeisterung rief der Hinweis auf das „Liquiditätshilfeprogramm für Unwettergeschädigte“ der Landwirtschaftlichen Rentenbank hervor. Voraussetzung, um es in Anspruch nehmen zu können, ist ein nachgewiesener Ergebnisrückgang von 30 %. Allerdings wird ein Rating der Antragsteller in B oder C erwartet, was zu schlechteren Konditionen führen würde. Detaillierte Informationen halten die Hausbanken bereit.

Lohnt eine Versicherung?

Burkhard Fry, Versicherungsspezialist der Landwirtschaftskammer in Münster, warnte Landwirte in den Überflutungsgebieten davor, vorschnell den Versicherungsvertreter anzurufen. Versicherungen gegen Elementarschäden seien eine sehr komplizierte Materie, sagte er. Angebote müssen demnach genau geprüft werden, da eine Vielzahl von Fußangeln lauern. So unterscheiden sich die Angebote beispielsweise in den Deckungszeiträumen, den Deckungssummen, dem Selbstbehalt, dem Ein- bzw. Ausschluss bestimmter Leistungen und Risiken sowie der Prämienhöhe. Die schwankt nach Frys Recherchen für eine 100-ha-Mais, Raps, Gerste, Weizen-Fruchtfolge (Sturm-/Starkregenversicherung) zwischen 800 und 2000 €/Jahr.

Prämienanträge prüfen

Klare Aussagen konnte Heinrich Schnetger von der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer Wesel/Kleve zum Umgang mit dem Betriebsprämienantrag machen. Wird auf überfluteten Flächen eine Neueinsaat mit einer anderen als der ursprünglich gemeldeten Pflanzenart notwendig, so ist eine Meldung an die Kammerkreisstelle nur erforderlich, wenn die Neuansaat vor dem 23. Juni erfolgt ist.

In vielen anderen Fällen, z.B. wenn Greeningverpflichtungen nicht mehr eingehalten oder Auflagen im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen oder des Vertragsnaturschutzes nicht mehr erfüllt werden können, sollten so schnell wie Möglich sogenannte „Anträge auf höhere Gewalt“ gestellt werden.

Grundfutter fehlt

Durch den Verlust von Gras sowie Silomais ist auf den betroffenen Betrieben ein akuter Grundfuttermangel absehbar, das wurde auf der Informationsverantaltung deutlich.

Wenig Entlastung dürfte ein für diese Woche vom Ministerium geplanter Erlass bringen. Er soll den Aufwuchs von Stilllegungsflächen für die Futternutzung freigeben. Heinrich Schnetger wies ausdrücklich darauf hin, dass die Ausnahme ausschließlich für Stilllegungsflächen nicht jedoch für Greeningflächen gelten werde.
Wilhelm Neu und Dr. Franz-Josef Stork, der Leiter der Kreisstelle Wesel/Kleve, riefen Landwirte aus den benachbarten Kreisen deshalb dazu auf, Grundfutter für die betroffenen Landwirte zur Verfügung zu stellen. Die Kreisbauernschaft Wesel hat zu diesem Zweck eine „Futterbörse“ eingerichtet. Sie ist unter der Telefonnummer: (02 81) 46 09 70 oder E-Mail: Wesel@kb.rlv.de zu erreichen.

Noch nicht geregelt ist nach Aussagen von Wilhelm Neu der Verbleib der nicht mehr zu verwendenden Grünlandaufwüchse auf den überschwemmten Flächen. Wob