Die Biogasanlage bleibt am Netz

Das Oberverwaltungsgericht Münster beendet jahrelangen Nachbarstreit um eine Biogasanlage in Stemwede-Haldem: Die Kläger müssen 17 % "Jahresgeruchsstunden" hinnehmen. Alle Beteiligten mussten sich mahnende Worte des Richters anhören.

Hätten Friedhelm Schmedt und sein Sohn Andre die Biogasanlage auf ihrem Hof in Stemwede-Haldem gar nicht bauen dürfen? Nach jahrelangem Nachbarstreit hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einen Schlussstrich gezogen. Der 8. Senat unter Vorsitz von Prof. Dr. Seibert hob ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Minden auf und wies die Klage der Eheleute S. gegen den Kreis Minden-Lübbecke zurück.

Der Kreis hatte 2011 den Bau und Betrieb der Biogasanlage genehmigt. Kurz nach Inbetriebnahme der Anlage hatten die Nachbarn Karin und Klaus S. Klage gegen den Kreis erhoben. Das Hofgrundstück der Eheleute, heute Rentner und früher selbst Landwirte, liegt neben dem Hof Schmedt, getrennt nur durch einen Erdwall und Wirtschaftsweg. Von ihrem Wohnhaus bis zum ersten Fahrsilo bzw. der Biogasanlage sind es etwa 80 m.

Das Mindener Gericht hatte der Klage stattgegeben. Die verfügte Stilllegung der Biogasanlage war aber aus technischen Gründen kaum möglich. Zwischenzeitlich veränderten Vater und Sohn Schmidt die Abluftführung in der Biogasanlage und in den Viehställen und verzichteten auf die Befüllung des Fahrsilos, das am nächsten zum Grundstück der Kläger liegt.

Keine Einzelfallprüfung

Die Genehmigung sei "auf Kante genäht", warf der OVG-Richter Seibert der Familie Schmedt und dem Kreis Minden-Lübbecke vor. Gerade an diesem so heiklen Standort hätte der Antragsteller von Anfang an ein plausibles, in jeder Hinsicht schlüssiges Gutachten zur Geruchsbelastung vorlegen müssen. Gerüche aus einer Biogasanlage seien den industriellen Gerüchen zuzuordnen, so der Richter. Für sie gilt im Außenbereich ein Grenzwert von 15 % der Jahresgeruchsstunden, bei landwirtschaftlichen Gerüchen in der Regel 20 %.

Ein Sachverständiger vom Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) wies darauf hin, dass eine Ausbreitungsberechnung mit Gebäuden genauer sei als eine Berechnung ohne Gebäude. Nach dieser Methode berechnet, kommen beim Wohnhaus der Kläger etwa 3 % industrielle Gerüche und 14 % landwirtschaftliche Gerüche an. Daraus ergibt sich eine Gesamtbelastung von 17 % Jahresgeruchsstunden. Weil die Summe unter dem zulässigen Gesamtkontingent liegt, wies das OVG die Klage ab und hob das Mindener Urteil auf.

Das Kriegsbeil begraben

Richter Seibert appellierte an beide Parteien, das Kriegsbeil zu begraben. Gerade in einer dicht besiedelten Bauerschaft müssten alle Nachbarn aufeinander Rücksicht nehmen. Sie können endlos klagen, aber Frieden erreichen sie damit nicht, so der Richter. (Az. 8 A 799/14, VG Minden, 11 K 805/11). Armin Asbrand

Einen ausführlichen Bericht zum Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster lesen Sie in der kommenden Ausgabe des Wochenblattes für Landwirtschaft und Landleben, Folge 34, vom 20. August 2015.


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