Bioschweine: Eine Marktlücke?

Von diesen Erzeugerpreisen können die konventionell wirtschaftenden Kollegen nur träumen: Die Bioschweinehalter erzielen aktuell im Schnitt rund 3,60 € je kg Schlachtgewicht (SG) für ihre Tiere. Das sind 30 Cent mehr als noch vor einem Jahr.

Ursache für das Preishoch ist ein Angebotsmangel. In den vergangenen Jahren ließen die mäßigen Preise die Umstellung auf Bio nicht sehr attraktiv erscheinen. Und nachdem 2013 und 2014 die Zahl der erzeugten Bioferkel infolge von Sperrungen und Abstockungen gesunken war, konnten folglich auch weniger Biomastschweine erzeugt werden.

Ein großer Teil der in Deutschland erzeugten Bioschweine wird dabei pauschal – also ohne Maske – abgerechnet. Für die anderen Bioschweine bestehen in Abhängigkeit vom Magerfleischanteil sehr unterschiedliche Preismasken, sodass es für die Landwirte nicht einfach ist, Preise verschiedener Abnehmer miteinander zu vergleichen.

"Bio" ist ein kleiner Markt

Dabei ist immer zu beachten, dass der Bioschweinemarkt ein sehr kleiner Markt ist. Insgesamt wurden nach Schätzungen der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI) 2015 rund 250.000 Bioschweine geschlachtet, was gerade einmal 0,6 % aller in Deutschland erzeugten Schweine entspricht. Daher wirken sich kleine Schwankungen auf der Angebots- bzw. Nachfrageseite geradezu dramatisch aus.

Bei geschätzt 16.000 in Deutschland gehaltenen Biosauen kann schon die Umstellung weniger Betriebe zu einem Überangebot führen. Ein zusätzlicher Betrieb mit 300 Ökosauen erhöht den deutschen Biosauenbestand um 2 %!

Trotz der höheren Preise ist daher auch jetzt bei der Umstellung Vorsicht geboten. Die Vermarktung der erzeugten Tiere muss unbedingt zuvor gesichert sein. Umstellungswillige Landwirte sollten auch bedenken, dass die Ökohaltung einen enormen Umbau erfordert, weil das erhöhte Platz­angebot, die planbefestigten Liegeflächen und die Ausläufe völlig andere Anforderungen an den Stallgrundriss stellen.

Enorme Nachfrage des Handels

Die Nachfrage seitens des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) steigt. Gleichzeitig wächst im Handel die Erkenntnis, dass die landwirtschaftlichen Betriebe für die ökologische Schweinehaltung einer langfristigen Perspektive bedürfen, um die im Zuge der Umstellung erforderlichen großen Investitionen auch stemmen zu können. Entsprechend sind immer mehr Handelsketten und Großabnehmer bereit, den Betrieben längerfristige Verträge mit (erstmals) auskömmlichen Preisen zu bieten.

Kunden des Naturkosthandels sind hohe Preise grundsätzlich gewohnt und reagieren, wie Untersuchungen kürzlich zeigten, auch weniger auf Preiserhöhungen. Generell ist die Kundschaft im Naturkosthandel eher auf den Verzehr kleiner Fleischmengen oder sogar vegetarisch bzw. vegan ausgerichtet.

Konkurrenz zum Geflügel

In den Bedientheken tut sich Bioschweinefleisch beispielsweise im Vergleich zum Biogeflügelfleisch schwer. Häufig wird in Biosupermärkten sogar mehr Biogeflügelfleisch als Bioschweinefleisch verkauft, obwohl der Preisabstand im Vergleich zu konventioneller Ware hier noch höher ist.

Gerade die Kunden im Naturkosthandel sind beim Fleisch­einkauf besonders sensibel und setzen auf das aus ihrer Sicht gesündere, weil magerere Biogeflügelfleisch. Viele Akteure sind daher der Auffassung, dass man am Image des Bioschweins durchaus noch arbeiten muss.

Christian Wucherpfennig, Landwirtschaftskammer NRW / msch

Die ausführliche, ungekürzte Fassung dieses Berichtes veröffentlicht das Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben in seiner aktuellen Folge 6/2016 vom 11. Februar 2016.