Bauern wollen Vögel schützen

Es geht um Kiebitze, Feldlerchen, Brachvögel, Rebhühner und Steinkäutze – vor allem diese streng geschützten Arten befinden sich im Kreis Recklinghausen auf dem Rückzug.

Doch jetzt wollen Landwirte, Biostation, Landwirtschaftskammer und Kreis gegensteuern. Beim ersten runden Tisch zum Thema „Artenschutz“ verständigten sich die Akteure darauf, auf Ortsebene sinnvolle Maßnahmen umzusetzen.

Das könnte so aussehen, dass sich zum Beispiel der landwirtschaftliche Ortsverband Lembeck das Ziel setzt, 20 % mehr Streifenelemente als bisher in der Feldflur anzulegen. In Bottrop-Kirchhellen könnte sich ein Arbeitskreis um jene Wege kümmern, die der Stadt gehören, von Landwirten aber widerrechtlich genutzt werden. Kreisgeschäftsführer Wolfgang König: „Es gibt viele Ideen. Am wichtigsten ist, dass sich alle Beteiligten regelmäßig austauschen, Ziele formulieren und vor Ort aktiv werden.“

Freiwillige Vereinbarung

Das NRW-Umweltministerium, die Landwirtschaftskammer NRW sowie die Landwirtschaftsverbände WLV und RLV haben eine freiwillige Rahmenvereinbarung zur Förderung der Biodiversität geschlossen. Die Vereinbarung soll helfen, den Artenschwund in der Agrarlandschaft zu stoppen. WLV-Hauptgeschäftsführer Werner Gehring wies in Recklinghausen da­rauf hin, dass die Rahmenvereinbarung mit Leben gefüllt werden müsse. Der Berufsstand dürfe sich beim Thema Artenschutz nicht wegducken, sonst werde der Gesetzgeber aktiv.

Gehring hob folgende Punkte der Rahmenvereinbarung hervor:

  • Freiwillige Vereinbarungen haben nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§44) Vorrang vor dem Ordnungsrecht.
  • Die jeweilige Maßnahme muss ökologisch und ökonomisch abgewogen werden.
  • Führen freiwillige Maßnahmen dazu, dass sich die Bestände einer bedrohten Art verbessern, darf man dem Landwirt daraus keinen Strick drehen; etwa eine geplante Baumaßnahme am Hof ablehnen.

Niels Ribbrock, Leiter der Biostation im Kreis Recklinghausen, erläuterte, welche Bedingungen der bedrohte Kiebitz und der Große Brachvogel für eine Bestandserholung benötigen. Der Kiebitz braucht im Frühjahr nasses Grünland und nassen Acker für seine Gelege. Bis zum 15. Mai sollten die Bauern aufs Maislegen verzichten. Ideal sind Brachstreifen mit jährlicher Selbstbegrünung. Der Brachvogel brütet auf nassem Grünland und Acker, er ist sehr brutplatztreu. Auch in Naturschutzgebieten sollte man auf Pflegeumbrüche des Grünlandes ganz verzichten.

Marianne Lammers, Leiterin der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer Coesfeld/Recklinghausen, wies auf Folgendes hin: Die von der EU, Land, Kreis und anderen Stellen geförderten Umweltmaßnahmen sind kompliziert, Landwirte könnten leicht den Überblick verlieren. Die Kreisstelle und der Kreis Recklinghausen wollten in Kürze in einem Faltblatt über alle Fördermaßnahmen zum Artenschutz und die zuständigen Stellen informieren.

NRW-Umweltminister Remmel will landesweit zwölf Modellbetriebe zur Biodiversität einrichten lassen. Laut Marianne Lammers soll einer davon im Münsterland liegen. Die Kammer habe beim Ministerium zusätzliche Beraterstellen für den Artenschutz beantragt. Die Berater/innen sollen mit den Bauern vor Ort ausloten, welche Randstreifen etwa an Bächen, Wegen oder Waldrändern gefördert werden und welche Maßnahmen optimal für den Artenschutz sind.

Krähen und Füchse

Kreis und WLV-Kreisverband hatten Ortslandwirte, Ortsverbandsvorsitzende und Naturschutzvertreter zum ersten runden Tisch „Biodiversität“ eingeladen. Die Bauern signalisierten im Breukerhaus: Ja, wir machen mit. Doch sie legten auch die Finger in die Wunde. Hubert Krampe: „Der Artenschutz geht alle an. Der Naturschutz muss zum Beispiel akzeptieren, dass wir Krähen und Füchse etwa in den Schutzgebieten dezimieren müssen. Auch auf den landeseigenen Flächen im Naturschutzgebiet Rahder Wiesen ziehen die Wiesenbrüter kaum noch Junge groß, weil Krähen, Füchse und neuerdings der Storch fast jedes Gelege plündern“. As


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