Bauern richtig organisieren

Die Verbandsarbeit für Landwirte in Indien und Afrika steckt noch in den Kinderschuhen. Bei einem Besuch konnte eine Delegation von Verbandsvertretern einiges von deutschen Organisationen lernen.

Wie kann ich meinen Verband weiter entwickeln? Diese Frage stellten sich 33 Vertreter von landwirtschaftlichen Organisationen aus Afrika und Indien.

Dafür reisten sie im Rahmen der Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ des Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit eine Woche durch Deutschland. Begleitet vom Bauernverband und der Andres-Hermes-Akademie schauten sie sich unter anderen den Betriebshilfsdienst, die Landwirtschaftskammer und die Deula an. Dort wurde ihnen erklärt, wie Landwirte in Deutschland beraten, unterstützt und ausgebildet werden. Welche Ansätze sich auf ihre Organisationen übertragen lassen, arbeitete die Gruppe am vergangenen Mittwoch auf Hof Lohmann in Freckenhorst heraus.

Bildung und Beachtung

Die Bauernvertreter aus Burkina Faso, Indien, Kenia, Tansania und Uganda waren vom großen Engagement und von der Zusammenarbeit in den Verbänden beeindruckt. Sie haben viele Ideen und Ansätze für ihre eigenen Organisationen entdeckt. Mamounata Ouedraogo aus Burkina Faso interessierte sich besonders für Frauenrechte. Denn in ihrem Land haben nur Männer ein Recht auf Besitztümer. Außerdem möchte die Verbandsvertreterin den Landwirten in ihrer Heimat ökologische Belange näher bringen. „In Burkina Faso gibt es keine Regeln für Landwirtschaft. Jeder macht, was er will“, erklärt sie.

Sundeep Kamath aus Indien blieb der Betriebshilfsdienst im Gedächtnis. Er möchte den Gedanken, Landwirte auch bei persönlichen Problemen zu unterstützen, in seinem Verband einbringen.
Auch die praktische Ausbildung möchten die Vertreter in ihren Ländern einführen. „Landwirt ist ein Ausbildungsberuf, das habe ich noch nicht gehört“, sagt Jordon Gama aus Tansania.

Wodurch sich die deutsche Landwirtschaft so weit entwickeln konnte, wollten die Teilnehmer ebenfalls wissen. Susanne Schulze Bockeloh, Vorsitzende des Kreisverbandes Westfalen-Lippe, erklärte den politischen Willen nach dem Zweiten Weltkrieg die Bevölkerung zu ernähren als wichtigen Motor. Auch die Affinität der deutschen Landwirte für Maschinen hat die Mechanisierung und Professionalisierung gefördert.
Die Teilnehmer lernten nicht nur von deutschen Organisationen sondern auch voneinander. In Zukunft wollen auch einige afrikanische und indische Verbände zusammenarbeiten und sich austauschen um

  • Mitglieder für ihren Verband zu gewinnen und
  • von der Regierung beachtet zu werden.

Denn auch in ihren Ländern ist die Landwirtschaft einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren.


Wissen vermitteln
Kenneth Katungisa, Uganda National Farmers Federation (UNFFE)

„Wir sind gesegnet mit Nahrungsmitteln“, sagt Kenneth Katungisa. In Uganda werden überwiegend Bananen und Kaffee angebaut sowie Milchkühe gehalten. Aber auch Cassava, eine stärkehaltige Wurzel, Reis, Mais, Sojabohnen, Bohnen und Kartoffeln werden angebaut.
Die Preise für Lebensmittel sind sehr niedrig, die meisten Bauern produzieren allerdings nur das, was sie selbst zum Leben brauchen.

Die Regierung verteilt regelmäßig Saatgut an die Bauern. Die brauchen aber auch eine Anleitung, wie man es möglichst sinnvoll einsetzt, ärgert sich Katungisa. Ein Großteil verdirbt, die Bauern essen oder verkaufen es. Der Verband bot sich an, die Landwirte auszubilden, doch die Regierung will nicht kooperieren. „Darunter leiden die Bauern“, sagt Kantungisa. Die Bauernorganisationen sind schwach und können an politischen Entscheidungen nicht mitwirken. Deshalb möchte er eine Finanzierung für Angebote und Beratung finden und die Struktur des Verbandes stärken.

Am wichtigsten ist, dass junge Menschen Land bekommen und ausgebildet werden. Mit einem Altersdurchschnitt von 15 Jahren ist Uganda das jüngste Land der Welt.

Rechte für Frauen
Mamounata Ouedraogo, Burkina Faso, Union National der Produzenten von Cashewnüssen (UNPA-BF)

„Das erste Problem ist Wasser“ ,sagt Mamounata Ouedraogo. Burkina Faso ist vom Regenwald geprägt. Die UNPA arbeitet daran Wasserspeicher zu errichten und dadurch die Anbauphase zu verlängern. Das zweite Problem sind die umherziehenden Viehherden. Die Landwirte lassen sie über die Felder laufen, wo sie die Feldfrüchte teilweise vollständig abfressen.

Beim Ackern kommen kaum Landmaschinen zum Einsatz, denn viele Landwirte können sich das nicht leisten. Mit 12 bis 25 % Zinsen bei einem Jahr Laufzeit ist ein Kredit sehr teuer. Deshalb vergibt der Verband selbst Kleinkredite für den Kauf von Tieren oder Maschinen. Die UNPA setzt sich unter anderem dafür ein Frauen im Ackerbau und Betriebsmanagement weiterzubilden. Beispielsweise lernen sie, dass sie ihre Ernte besser einlagern und in der Trockenzeit zu höheren Preisen verkaufen.

Die Feldarbeit erledigen die Frauen neben dem Haushalt. Die Ernte aber bekommt der Mann. Er teilt seiner Frau eine Ration für die Versorgung der Familie zu. Das Geld vom Verkauf von Ware behält er für sich, erzählt Ouedraogo. Seit Frauen sich in Gruppen organisieren, trauen sie sich ihre Situation anzusprechen.


Biodynamisch
Sundeep Kamath, Indien, Biodynamic Association of India (BDAI)

Bis in die 1980er Jahre wurde in Indien sehr intensiv Landwirtschaft betrieben. Dabei wurde viel organische Substanz im Boden verbraucht. Die Flächen verarmten, das Grundwasser sackte ab. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wurde nicht kontrolliert und führte zu verseuchtem Wasser. Die Regierung interessiert sich nicht für die ökologischen Folgen, ist Kamath überzeugt. Er beobachtet, dass die Industrie-Lobby Einfluss auf den Ackerbau nimmt.

In einer Grüne Bewegung fingen 600 000 Landwirte an nach ökologischen Richtlinien zu produzieren. Biodynamische Betriebe machen allerdings nur 1 % der Landwirtschaft in Indien aus. Der Verband möchte diesen Anteil gerne erhöhen. Dafür will die BDAI Landwirten schulen, ihnen Know-How über Technik, Vermarktung und Anbaumethoden vermitteln. In Indien werden viele Früchte- und Gemüsesorten angebaut. Teilweise kann bis zu vier Mal im Jahr geerntet werden. Mit der Etablierung von Fruchtfolgen und Anbauterminen soll die Produktivität erhöhen und der Boden verbessert werden.

Kleinen und mittleren Betrieben versucht die Organisation den Schritt von der Selbstversorgung hin zum Geld verdienen zu ermöglichen. Sie vertritt aber auch größere Betriebe, die Kaffee, Tee, Gewürze und Früchte mit Demeter-Label für den Export in die EU anbauen.
Nur für harte, eintönige Arbeit nutzen sie Traktoren. „Wir sind 1,2 Mrd. Menschen, wir haben genug Arbeitskräfte“, sagt Kamath. Christina Göhner