Wer soll das bezahlen?

Tierwohl: Mehr als 4.500 Schweinehalter haben ein starkes Zeichen für eine umfassende, freiwillige Anhebung der Tierschutzstandards gesetzt. Doch noch immer geht rund die Hälfte von ihnen leer aus, weil zu wenig Geld im Topf ist.

Auch einen guten Monat nach dem Start der Initiative Tierwohl bleibt ein schaler Beigeschmack. Mehr als 4.500 Schweinehalter haben ein starkes Zeichen für eine umfassende, freiwillige Anhebung der Tierschutzstandards in Deutschland gesetzt. Trotzdem gehen noch immer rund die Hälfte von ihnen leer aus, weil zu wenig Geld im Topf ist – allen Investitionen und Vorleistungen zum Trotz.

Einzelhandel, Fleischerhandwerk und Gastronomie müssen jetzt beweisen, dass mehr Tierwohl für sie nicht nur ein Lippenbekenntnis ist. Die Plakataktion, mit der die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) sich derzeit Großabnehmer wie McDonald’s, VW oder Ikea vorknöpft, bringt es auf den Punkt. Es ist schlichtweg verlogen, wenn ein Unternehmen wie Ikea derzeit medienwirksam mit veganen „Fleischbällchen“ wirbt, sich die Konzernlenker aber um die Tierwohlstandards der übrigen Köttbullar nur wenig scheren.

Noch wichtiger als der Druck auf die Großabnehmer ist jetzt die „Ansprache“ der Handelsunternehmen, die sich trotz aller Appelle noch immer beim Tierwohl wegducken. Einzelhändler wie „K+K“ und „Famila“ spielen durch ihren Boykott der Initiative ein fragwürdiges Spiel. Sie sparen sich die 4 Cent Tierwohlabgabe, die die übrigen Händler für jedes Kilogramm verkauften Fleisches an den Tierwohlfonds entrichten. Ein ansehnlicher Kostenvorteil, erzielt in einem stark umkämpften Segment mit engen Gewinnmargen.

Nicht ganz ohne Grund weisen die bereits an der Tierwohl-Initiative teilnehmenden Handelskonzerne auf die Problematik hin. Jede Erhöhung der Tierwohlabgabe, so ihre Argumentation, käme einer weiteren Subventionierung der Verweigerer gleich. Fest steht: Derzeit nehmen rund 85 % des Handels und der Verarbeiter an der Initiative Tierwohl teil. Je stärker sich dieser Anteil der 100-%-Marke näherbringen lässt, desto leichter fällt es auch den bisherigen Teilnehmern, mehr Cent für jedes Kilogramm an die Landwirte „weiterzureichen“.

Doch damit es so weit kommt, braucht es noch viel mehr öffentlichen Druck. Weitere intelligente Aktionen sind gefragt, um die Misere offen anzuprangern – gerade weil den meisten Medien das Knausern des Handels und das Leer ausgehen vieler Bauern in den vergangenen Wochen keine Schlagzeile wert war.

Auch die der Landwirtschaft nachgelagerten Stufen müssen jetzt beweisen, dass sie es mit mehr Tierwohl in deutschen Ställen ernst meinen. Dafür bedarf es keiner großen Worte – sondern schlichtweg mehr Geld.