Stühlerücken in Brüssel

Jetzt ist es amtlich: Mit der Zustimmung des Europäischen Parlamentes in der vergangenen Woche ist der Weg frei für die neue EU-Kommission unter der Leitung des neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker.

Jetzt ist es amtlich: Mit der Zustimmung des Europäischen Parlamentes in der vergangenen Woche ist der Weg frei für die neue EU-Kommission. Am 1. November nimmt das Team unter der Leitung des neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker seine Arbeit auf.

Das Stühlerücken macht auch vor der Landwirtschaft nicht halt. Künftig wird statt des Rumänen Dr. Dacian Ciolos der Ire Phil Hogan die Geschicke der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung leiten.

Was bleibt von Ciolos? Was kommt mit Hogan? Das fragen sich viele Beobachter in diesen Tagen. Der Agraringenieur Ciolos hatte bereits bei seinem Amtsantritt 2010 deutlich gemacht, dass sich die Gemeinsame Agrarpolitik nicht mehr an den bloßen Interessen der Bauern, sondern an den Wünschen aller 500 Mio. EU-Bürger orientieren muss. „Grüner und gerechter“ wollte Ciolos die Landwirtschaftspolitik deshalb machen. Recht machen konnte er es dabei keinem.

Die Naturschutzverbände hätten sich sehr viel schärfere Umweltauflagen für die Landwirte gewünscht. Die Bauernverbände wollten jeden Euro und Cent der bestehenden Förderpraxis komplett verteidigen. Und die Landwirte sehnten sich nach einer Schneise im sprießenden Gesetzesdickicht.

Ciolos’ Verdienst bleibt es, weite Teile des europäischen Agrarbudgets bis zum Jahr 2020 gesichert zu haben. Es war alles andere als selbstverständlich, dass der größte Posten im europäischen Haushalt ohne große Einschnitte durch die Finanzkrise gekommen ist. Untrennbar mit dem Namen Ciolos werden allerdings auch das ungeliebte Greening und eine blühende Bürokratie verbunden bleiben. In vielen Bereichen bestimmen die Umweltverbände zwar nicht das Tempo, sie geben aber die Richtung vor.

Auch der neue Agrarkommissar Hogan wird den Kurs der bis 2020 unter Ciolos eingestielten Agrarreform nicht mehr ändern. Er wird etwa das Greening nicht abschaffen, könnte aber dringende Vereinfachungen bei einzelnen Greeningpunkten durchsetzen. Spannend bleibt vor allem, welche Visionen der bisherige irische Umweltminister für die Agrarpolitik nach 2020 entwickeln wird.

Gibt es dann nur noch Finanzhilfen für Ökobetriebe und Museumslandwirtschaft? Welche Voraussetzungen gelten für die Tierhaltung? Und welche Leitplanken bleiben für die Märkte? Das sind Fragen, die auch über die Zukunft der deutschen Landwirte mitentscheiden.

Aus Sicht der Bauern hat Phil Hogan in Irland bislang einen guten Job gemacht. Bleibt zu hoffen, dass dies auch für die europäische Bühne ein gutes Signal ist.