Ohne Plan und Konzept

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will jedem EU-Land freistellen, wie es mit gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln (GVO) umgehen will. Wie soll das funktionieren?

Das grenzt schon an Kabarett: Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will jedem EU-Land freistellen, wie es mit gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln (GVO) umgehen will.

Wer möchte, kann sie verbieten. Wer nicht, kann alles zulassen. Jeder macht, was er will. Wie soll das funktionieren?

Mit seinem Vorschlag hat „Juncker Ratlos“ nur eines erreicht: Fast ausnahmslos alle sind dagegen. Der Deutsche Bauernverband warnt, der europäische Binnenmarkt werde kaputt gemacht. Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände und der ländlichen Genossenschaften kritisieren das Vorhaben ebenso wie die Organisationen der Ölmühlen und der Misch­futterhersteller. Ablehnend bis entsetzt äußern sich natürlich auch die Gegner der grünen Gentechnik, sie sprechen von einer Mogelpackung oder Ablenkungsmanövern.

Bisher gilt, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Basis wissenschaftlicher Studien beurteilt, ob GVO sicher sind und zur Zulassung empfohlen werden. Wenn die Mitgliedstaaten der EU sich nicht auf eine einheitliche Linie verständigen können, entscheidet die Brüsseler Kommission. In der Regel endete das Verfahren bisher mit der Zulassung der Gentechnik-Produkte.

Der Juncker-Vorschlag sieht aber jetzt vor, dass jeder Mitgliedstaat nach eigenem Gusto entscheiden kann, auf Basis „überzeugender Gründe“, allerdings nicht wegen Sicherheitsbedenken. Denn wenn es in punc­to Sicherheit hapert, dann soll die EFSA schon im Vorfeld einschreiten. In der Konsequenz heißt das: Einfuhrverbote auf Basis von Ängsten und Bauchentscheidungen.

Was das für die europäische Landwirtschaft, insbesondere für die Veredlungsbranche bedeuten würde, kann man sich kaum ausmalen. Darf das Fleisch von mit Gentechnik-Soja gefütterten Schweinen noch in ein Land verkauft werden, in dem GV-Soja verboten ist? Was kann überhaupt noch wohin exportiert werden? Oder andersherum: Was passiert, wenn hierzulande die Schweine mit alternativen Eiweißfuttermitteln versorgt werden müssen, die die Produktion wesentlich verteuern? Wer glaubt, dass dieser Mehraufwand von den Verbrauchern honoriert wird?

Nachvollziehbar ist, dass Jean-Claude Juncker und seine Beamten sich angesichts der europä­ischen Zerstrittenheit schwertun mit einer klaren Linie. Aber einfach zu sagen, „macht, was ihr wollt“, ist zu einfach. Wer vom „Europäischen Haus“ träumt, muss auch für gleiche Rahmenbedingungen in der ganzen EU sorgen. Dem wird der Juncker-Vorschlag nicht gerecht. Dieses Manifest der Hilflosigkeit muss wieder vom Tisch.