Noch lange nicht fertig

Tierwohllabel? Verbot des Kükentötens? – Außer Ankündigungen und unfertigen Plänen hat Bundesminister Schmidt davon nichts realisiert. Seine bisherige Arbeit ist keine gute Bewerbung für eine zweite Amtszeit.

Mit großem Brimborium hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in Berlin seine Pläne für das neue Tierwohllabel vorgestellt. Tatsächlich nur die Pläne und wenig Konkretes. Nicht einmal die Kriterien, die bald für die Schweinehaltung gelten sollen, stehen fest.

Dabei wollen vor allem die Landwirte endlich wissen, was auf sie zukommt; ob es sich lohnt, weiter in die Tierhaltung zu investieren, was die Verbraucher und der Lebensmitteleinzelhandel zu dem Label sagen. Schmidt kann sich vorstellen, dass 40 bis 50 % des in Deutschland konsumierten Fleisches künftig das entsprechende Zeichen tragen. Aber wenn der Schöpfungsakt des Tierwohllabels weiter so „zügig“ vonstatten geht wie bisher, dann wird die gesetzliche Grundlage dafür nicht mehr in dieser Legislaturperiode geschaffen. Im Herbst ist Bundestagswahl.

Der CSU-Minister scheint sich ohnehin längst im Wahlkampfmodus zu befinden. Anders ist sein betont selbstbewusster und geradezu theatralischer Auftritt bei der Grünen Woche kaum zu erklären. Schmidt will die Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft sehen, sie wieder dorthin zurückholen. Dabei soll das Tierwohllabel helfen, genauso wie sein „Grünbuch“, das er ganz unbescheiden als „Fahrplan für die Akzeptanz in der Gesellschaft“ bezeichnete. Doch wenn das staatliche Label nicht sorgfältig in die Landschaft „eingepasst“ wird, droht den Tierhaltern sogar ein Negativ-Effekt. Schlimmstenfalls wird das schon etablierte Signet der Initiative Tierwohl ausgebremst – und damit der erste Schritt auf dem Weg zu flächendeckend mehr Tierwohl gegen Vergütung. Das wäre fatal.

Auch das zweite Projekt, das Schmidt in Berlin stolz präsentierte, ist noch nicht so weit, wie der Minister unbedarfte Bürger glauben lässt. Dabei geht es um die Geschlechtsbestimmung im Ei, um das Töten männlicher Küken von Legelinien überflüssig zu machen. Bei allem Respekt vor den Wissenschaftlern, die offenbar eine funktionierende Maschine entwickelt haben: Das Ziel der Marktreife 2019 oder 2020 ist noch weit entfernt, und der Beweis der Wirtschaftlichkeit auch nicht erbracht. Wer eigentlich die nicht ausgebrüteten „männlichen“ Eier wie vermarkten oder verwerten soll, ist eine weitere offene Frage.
Sicher darf man Christian Schmidt guten Willen und Wohlwollen gegenüber den Landwirten unterstellen. Aber das reicht nicht. Meilensteine einer Agrarpolitik mit klarer Linie hat Schmidt bis heute nicht gesetzt; jetzt versucht er es mit der Brechstange. Seine erste Legislaturperiode als Minister geht bald zu Ende. Seine bisherige Arbeit ist keine gute Bewerbung für eine zweite.