Milchmarkt: Die Kuh ist noch nicht vom Eis

Von solchen Nachrichten haben die Milchbauern lange nur geträumt: Butter kostet im Supermarkt 1,29 € pro Päckchen. Bei Trinkmilch sollen Preisanhebungen weit im zweistelligen Cent-Bereich anstehen.

Auf dem holländischen Spotmarkt kostet die Rohmilch jetzt 40 Cent – wie im Märchen.

Tatsächlich kommt jetzt alles zusammen. Die saisonal sinkende Anlieferung wird noch weiter zurückgefahren, weil viele Betriebe das Melken aufgegeben haben. Anreize für die Mengenreduktion liefert auch die EU mit dem 14-Cent-Programm, das schon im ersten Anlauf praktisch ausverkauft war. Und die Molkerei FrieslandCampina verstärkt den Trend mit einem eigenen Angebot, das ihren Mitgliedern 10 Cent „Belohnung“ für nicht gelieferte Milch verspricht.

Wie nicht anders zu erwarten, reklamieren gleich mehrere Gruppen den Erfolg steigender Preise für sich: Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) sieht die Markterholung als Beleg dafür, dass seine Forderung nach einer Mengensteuerung gerechtfertigt ist: Kaum sinkt die Milchmenge um ein paar Prozentpunkte, schon steigen die Preise. Der Milchindustrie-Verband sieht das anders: Ja, die Milchmenge ist gesunken und die Erlöse erholen sich. Das hat aber nichts mit politischer Steuerung zu tun, sondern ist quasi ein Selbstläufer. Der Markt funktioniert.

Der Erfolg hat eben viele Väter. Dabei haben die Milchbauern selbst bisher kaum Grund zum Jubeln. Die Erzeugerpreise dümpeln wie seit vielen Monaten auf einem erbärmlichen Niveau dahin. Daran ändern auch die ersten zaghaften Verbesserungen nichts – erst recht nicht die Verheißung einer höheren Auszahlung in den kommenden Monaten. Tatsache ist, dass es auf vielen Höfen „brennt“. Die finanziellen Reserven sind aufgebraucht, frisches Geld fehlt. Das zehrt nicht nur am Vermögen, sondern belastet vor allem das Nervenkostüm und das Selbstvertrauen. Die Krise ist nicht vorbei, das Ziel auskömmlicher Preise noch lange nicht erreicht.

Eigentlich brauchen die melkenden Familien erst einmal zwei Jahre lang Höchstpreise, um die eingefahrenen Verluste wieder wettzumachen. Dass es tatsächlich so kommt, ist aber eher unwahrscheinlich. Wenn Milchproduktion wirklich lukrativ ist, dauert es nicht lange, bis die Anlieferung wieder steigt – und dann sinken die Preise wieder. Die Zeit bis dahin sollten Landwirte und Molkereien unbedingt nutzen, um sich auf neue Spielregeln zu verständigen, wie sie als Produzenten und Verarbeiter miteinander umgehen wollen.

Und die Politik ist gefordert, endlich etwas Substanzielles gegen die ungerechte Machtverteilung auf dem Markt für Milchprodukte zu tun. Der Einzelhandel beispielsweise wird immer stärker und knebelt Milchwerke wie Bauern mit immer neuen Forderungen zu den Produktionsstandards – ohne selbst etwas dazu beizutragen. Das muss sich ändern.