Hoffen auf ein Wunder

Ab 2019 müssen Schweinehal­ter männliche Ferkel als Eber mästen, gegen Ebergeruch impfen oder unter Betäubung bzw. Schmerzausschaltung kastrie­ren. Wer anders handelt, macht sich strafbar!

Das Ende der betäubungslosen Ferkelkastration ist besiegelt. Ab 2019 müssen die Schweinehalter alle männlichen Ferkel in Deutschland als intakte Eber mästen, gegen Ebergeruch impfen oder unter Betäubung bzw. Schmerzausschaltung kastrie­ren. Wer anders handelt, macht sich strafbar!

Doch viele Ferkelerzeuger finden unter den bislang bekannten Alternativen keine Lösung für ihren Be­trieb. Denn keine Variante ist zurzeit wirklich umfas­send praxistauglich und flächendeckend umsetzbar.

Vor allem kleinere Sauenbetriebe suchen hände­ringend nach einer praktikablen Methode. Der Markt für Eberfleisch ist begrenzt. Außerdem funktionieren die Jungebermast und die Impfung gegen Ebergeruch nur bei getrenntgeschlechtlicher Aufstallung optimal – und die rechnet sich eher für größere Betriebe.

Auch die Narkose – egal ob mit Isofluran oder per Spritze – bringt insbesondere für kleinere Bestände Schwierigkeiten mit sich. Sie ist immer von einem Tierarzt durchzuführen. Wenn der für kleine Behandlungsgruppen extra anrücken muss, wird der Eingriff pro Ferkel richtig teuer. Außerdem ist fraglich, wie viele Praktiker und Tierärzte am Ende bereit sind, sich dem Gesundheitsrisiko durch entweichende Narkose­gase immer wieder auszusetzen.

Wie ein Silberstreif am Horizont erscheint da die Idee, die Ferkel mit Schmerzgelen nur örtlich zu betäuben. Die Gele sind zwar bei uns derzeit nicht zugelassen, aber das Landwirtschaftsministerium NRW will jetzt ihren Einsatz bei der Ferkelkastration testen. Das Charmante daran: Den Tieren bleibt die Belastung durch die Vollnarkose erspart, und der Landwirt darf die Betäubung selbst durchführen. Da­für sprüht er das Mittel einfach vor dem Eingriff auf die Ferkelhoden.

Doch ob die Schmerzgele tatsächlich wirken, steht wahrscheinlich erst in einem Jahr fest. Und selbst dann wäre nur eine neue Gesprächsbasis mit den Ver­antwortlichen in Berlin geschaffen. Bis zu einer Ausnahmegenehmigung wären noch dicke politische und rechtliche Bretter zu bohren. Für ein reguläres Zulas­sungsverfahren ist die Zeit ohnehin schon zu knapp.

Trotzdem ist der Ansatz aus Düsseldorf unbedingt zu begrüßen: Es hängt eben viel davon ab, ob sich noch ein vierter Weg für die Ferkelerzeuger findet. Als ein­ziges Land hat Deutschland den Kastrationsausstieg im Gesetz fixiert. Wenn Minister Schmidt nicht recht­zeitig eine praktikable Lösung für alle Betriebe präsen­tiert, wird unser Markt von dänischen und holländi­schen Ferkeln überrollt – und dann kann den deut­schen Sauenhaltern nur noch ein Wunder helfen.