„Heimat“ ist kein Selbstläufer

Am Samstag dieser Woche feiert der Westfälische Heimatbund in Münster sein 100-jähriges Bestehen. Das wirft die Frage auf: Was bedeutet "Heimatpflege" heute?

Im Kriegsjahr 1915 war der damalige Bauernpräsident Westfalens, Engelbert von Kerckerinck zur Borg, einer der Hauptinitiatoren des Westfälischen Heimatbundes. Kerckerincks Anliegen war es, auf die vielfältige Kunst und Geschichte Westfalens aufmerksam zu machen und die Naturlandschaft gegenüber der wachsenden Industrie zu bewahren.

Natur, Kultur, Geschichte: Das sind bis heute Kernaufgaben der „Heimatpflege“, wie die Arbeit der rund 550 Heimatvereine in Westfalen zusammenfassend bezeichnet wird.

Der Westfälische Heimatbund hat mit der Erschließung der Wanderwege im Land bundesweit Beachtung gefunden. Auch den örtlichen Heimatvereinen fällt in der Regel mehr ein, als Pickert zu backen und Holschken zu schnitzen.

Ihr Engagement unterscheidet sich von Ort zu Ort. Einige haben Dorfarchive eingerichtet und Höfe, Mühlen oder andere Gebäude restauriert. Andere haben Museen aufgebaut. Wieder andere engagieren sich im Landschaftsschutz oder im Tourismus.

Gerade auf dem Land kommen derzeit weitere Aufgaben hinzu, und mancherorts werden sie bereits mit hohem ehrenamtlichen Einsatz in die Tat umgesetzt:

  • Wie werden die Dörfer in 20 oder 30 Jahren aussehen? Niemand kann Patentrezepte zum demografischen Wandel auf dem Land liefern, auch die Heimatvereine nicht. Aber sie können als „Dorfwerkstätten“ die Wünsche der Bewohner, vor allem der Familien und der Vereine bündeln. Die Heimatvereine können selbst Verantwortung übernehmen, Konzepte zur Zukunft entwickeln – und auf Details hinweisen, die in den Verwaltungszentralen leicht über­sehen werden.
  • Die Krisen der Welt werden kaum abnehmen. Das heißt: Aus Kriegsgebieten werden weiterhin Flüchtlinge in unser Land kommen. Sie benötigen Hilfe, müssen angesprochen und einbezogen werden. Dabei können Heimatvereine – wie bei der Integration von Migranten insgesamt – einen wichtigen Beitrag leisten.

Alles in allem geht es letztlich darum, dem lange verpönten Wort „Heimat“ einen neuen Sinn zu geben. Der Blick der Heimatpflege geht eben nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Gegenwart, in die Zukunft – und nach nebenan.


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