Die SPD braucht keine Bauern

Wilhelm Priesmeier, agrarpolitischer Sprecher der SPD, geht auf Distanz zu den Bauern. In einem Interview erklärte er, die Landwirtschaft spiele für die positive Entwicklung des ländlichen Raumes „keine entscheidende“ Rolle.

Ist das Mut oder Unverfrorenheit? Wilhelm Priesmeier, der als agrarpolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Bundestag fungiert, geht auf Distanz zu den Bauern und ihren Familien (Details dazu auf Seite 15). In einem Interview erklärte der in Ostwestfalen geborene Abgeordnete, die Landwirtschaft spiele für die positive Entwicklung des ländlichen Raumes „keine entscheidende“ Rolle. Aha!

Natürlich schränkt der gewiefte Berufspolitiker gleich ein, der Landwirtschaft käme schon eine sehr wesentliche Rolle zu. Aber eben keine entscheidende. Und „als Bauernsohn und Tierarzt“ sehe er polemische Angriffe auf die Landwirtschaft, namentlich vonseiten der Grünen, mit Sorge. Er wolle auch wirtschaftlich erfolgreiche Strukturen nicht zerschlagen.

Das allerdings ist nur Sprachkosmetik. Wenn Agrarpolitiker erklären, dass klassische Agrarpolitik ein Auslaufmodell ist, dann lässt das aufhorchen. Was Priesmeier vorschlägt, legt genauso die Axt an die Wurzel der Landwirtschaft wie die überzogenen Forderungen mancher Umwelt-, Natur- und Tierschützer.

So bemängelt der Sozialdemokrat beispielsweise, dass die Vorschriften auch der neuen Düngeverordnung noch nicht so streng sind, wie sie sein sollten. Und er schlussfolgert, dass verschiedene Vorschriften verschärft werden müssten, wenn Bauern aus den Diskussionen um Nutztierhaltung und Artenvielfalt nicht „die richtigen Schlüsse ziehen“. Die Gemeinschaftsaufgabe ländliche Entwicklung will Priesmeier finanziell aufstocken und dafür die Gasölverbilligung kürzen oder streichen. Da geht es um 400 Mio. €! Dann wäre es mit der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauern im europäischen Vergleich bald nicht mehr weit her. Und für Direktzahlungen hat der Tierarzt auch nichts übrig. Die würden ja doch nur durchgereicht. Also: abschaffen!

Wer Priesmeiers Ideen weiter durchdenkt, kommt zu dem Ergebnis, dass die Bauern nicht mehr gebraucht werden. Für die SPD mag das stimmen, für den ländlichen Raum aber nicht. Landwirte besitzen nicht nur den ganz überwiegenden Teil der Flächen, sondern sie kümmern sich darum, halten sie offen und bewirtschaften sie. Die Agrarbranche ist der wirtschaftliche Kern und sorgt für die Infrastruktur der ländlichen Regionen. Das lässt sich mit reiner Landschaftspflege nicht annähernd erreichen. Was aus dem „platten Land“ wird, wenn die Höfe sterben, lässt sich schnell erahnen. Der ganze vor- und nachgelagerte Bereich der Landwirtschaft bricht zusammen. Keine Arbeit auf dem Land, leere Dörfer, Überalterung, letztendlich Ausbluten und auch wirtschaftliche Not.

Die Bauern spielen keine entscheidende Rolle mehr? Was für eine Fehleinschätzung!